Kolumne Mensch Gladbach Die engagierte Stadt
Mönchengladbach · Ob bei der Suche nach einem Vermissten oder bei der Hilfe für Obdachlose an frostigen Tagen – wenn es ernst wird, halten die Mönchengladbacher zusammen. Ein schönes Markenzeichen!
Es war der wohl rätselhafteste Vorfall im Januar: Ein Mann fährt morgens von seinem Zuhause in Geneicken zur Arbeit nach Neuss, kommt dort aber niemals an. Sein Wagen wird unverschlossen an der Landstraße in Liedberg gefunden, von dem Mann keine Spur. Man mag sich nicht ausdenken, was in jenen Stunden in seiner Familie vorgegangen ist. Das Bangen um einen geliebten Menschen und die Hoffnung, ihn lebend wiederzufinden.
Der Sohn ließ nichts unversucht, die Vermisstenanzeige bei der Polizei war das eine, er aktivierte aber auch Freunde und Bekannte, rief über die sozialen Medien zum Teilen der Suchmeldung und zur Mithilfe auf. Die Unterstützung war überwältigend: Privat wurden Reiter- und Hundestaffeln organisiert, die die Umgebung nach dem Vermissten absuchten, tausendfach wurde die Meldung geteilt, der Zuspruch war enorm. Der Familienvater wurde schließlich lebend, aber verwirrt in Hamburg aufgefunden. wie er dorthin kam, ist noch nicht geklärt. Doch die Welle der Unterstützung hat der Familie Kraft gegeben.
In den frostigen Tagen der vergangenen Wochen waren sie wieder zu Dutzenden unterwegs: Ehrenamtliche, die sich um Obdachlose kümmern. Es gibt viele Initiativen in unserer Stadt. Sie geben Suppen oder warme Getränke aus, sammeln Decken, Schlafsäcke und warme Kleidung, um sie an jene zu verteilen, die ihr Leben draußen verbringen. Ein Bericht über die Arbeit der Ehrenamtler von „Wir in MG“ in unserer Zeitung löste eine Welle der Hilfsbereitschaft aus und führte dazu, dass es nun auch in Mönchengladbach einen Kältebus gibt, der an kalten Tagen Menschen ohne Obdach versorgt: Der Caritasverband stellt das Fahrzeug. Vorbildlich!
Dass das vereinte Europa auch brüchig werden kann, zeigt der drohende Brexit. Umso wichtiger wird wieder der länderübergreifende Austausch, um Ressentiments abzubauen, sich kennenzulernen, bereits bei Jugendlichen den Perspektivwechsel zur Selbstverständlichkeit werden zu lassen. Städtepartnerschaften werden vor diesem Hintergrund wieder aktuell. Sie wurden oft vor Jahrzehnten besiegelt, mal mehr, meist weniger mit Leben gefüllt. Manche Partnerschaften bestehen nur noch auf dem Schild am Ortseingang. Wie gut, dass es eine Initiative gibt, die sich dafür stark macht. Noch besser, dass sie jetzt auch die Unterstützung zweier Groko-Kulturpolitiker bekommt. Auch sie übrigens nur ehrenamtlich im Stadtrat.
Das Engagement, das Ehrenamt ist die DNA unserer Stadt, der Kitt des gesellschaftlichen Zusammenhalt. Es ist das Erbe des unermüdlich sozial engagierten Priesters Edmund Erlemann, der Arbeiterschaft aus den Textilindustriezeiten und des Volksvereins. Ein schönes Markenzeichen, auf das man stolz sein und mit dem man sogar werben kann.
Die Verantwortlichen im Rathaus tun gut daran, das zu unterstützen. Nicht nur mit Geld, für Förderanträge gibt es sogar eine eigene Stelle, sondern indem es dem Engagement eine Plattform gibt, die Aktivitäten koordiniert und auch nach außen wertschätzt.