Mönchengladbach Diashow aus dem Ghetto

Mönchengladbach · Jean-Luc Dang, der 22. Atelierstipendiat der Stadt, ist 29, kommt aus Frankreich und fotografiert. Seine Kunst verbindet persönliche Bilder mit seiner Geschichte. In Mönchengladbach will er sich verändern.

Mönchengladbach: Diashow aus dem Ghetto
Foto: Ilgner

Jean-Luc Dang hat beschlossen, seinen radikal subjektiven Blick auf sich und die Welt zu Kunst zu richten. Seit 2003, mit damals 20 Jahren, sammelt der in einer französischen Vorstadt — mit all ihren sozialen Problemen — aufgewachsene junge Mann Bilder aus seinem Alltag. Mit kleinen analogen, später digitalen Kameras legt er ein Archiv seines Lebens an, das er zunächst als Kompensation für die Bilderlosigkeit seiner Familie, seiner Kindheit versteht.

Private Geschichten erzählen

An die 50 000 Fotos sind auf diese Weise zusammengekommen — ein Steinbruch für eine sehr spezielle Art von Videokunst, die Dang infolge seiner Kunst-Studien in Chalon-sur-Saône, Grenoble und Genf entwickelt: Dia-Shows, mit Klängen unterlegt und mit der eigenen Stimme besprochen, erzählen sehr private Geschichten aus seinem Leben.

Jean-Luc Dang ist der neue, der 22. Atelierstipendiat der Stadt. Vorgeschlagen von der Leiterin des Zentrums für zeitgenössische Kunst in Grenoble, Inge Linder-Gaillard, wohnt er für ein halbes Jahr in der kleinen Wohnung an der Steinmetzstraße. Diese Form der Künstlerförderung bezahlt seit Anbeginn die Hilde und Josef Wilberz-Stiftung, deren Sprecher Michael Meuser sagt: "Solange die Mittel der Stiftung es erlauben, werden wir das Stipendium aufrechterhalten." Und Kulturdezernent Gert Fischer, bei dem das unterstützende Kulturbüro angesiedelt ist, ergänzt: "Unsere Erfahrung ist: Was für Mönchengladbach an Ideen und Anregungen von den Künstlern kommt, ist unbezahlbar."

Auch Dang wird sich in seiner Mönchengladbacher Zeit mit der Stadt und ihren Menschen befassen. Er selbst spricht sogar von einer radikalen Veränderung in seinem Werk. Denn erstmals will er ihm Unbekannte mit Kamera und Videokamera begleiten, sich ihnen und ihrem Leben nähern und zu Video-Kunst verarbeiten. Denn so subjektiv Dangs Arbeiten auch sind, sie reagieren auf objektive gesellschaftliche Verhältnisse. Die Geschichten aus den Banlieues, den Bannmeilen französischer Großstädte, erzählt er teils in schwarz-weißen, teils in farbigen Foto-Strecken, die einer Ästhetik des Zufälligen gehorchen. Das steigert die suggestive Kraft der Bilder, stellt Fragen nach der Beziehung von Leben und Kunst, Abbild und Wirklichkeit.

Dang agiert in einem Zwischenraum von Fotografie und Video, nutzt die Sprache des Films und verneint sie gleichzeitig. Hat er zunächst nur von sich, seiner Umgebung, seinen Freunden erzählt, macht er in einer in diesem Jahr entstandenen Arbeit eine litauische Freundin zum Thema.

In Mönchengladbach werden es erstmals Fremde sein. Wie seine teils berühmt gewordenen Vorgänger wird auch Jean-Luc Dang am Ende seiner Mönchengladbacher Zeit eine Einzelausstellung erhalten, außerdem wird ein Katalog erstellt. Und er nimmt Platz in einer illustren Runde auf der Website der Atelierstipendiaten: www.co-mg.de/stipendium.

(ark)
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