Mönchengladbach Der verrückte Tanz der Rollatoren

Mönchengladbach · Sie singen im renommierten Münsterchor. Aber ab und zu werden sie zu "gebrechlichen Damen" - mit Rock 'n' Roll im Blut.

 Almud Reiser, Raphaela Holz, Dagmar Scholl, Birgid Rohling und Johanna Haak (v.l.) mit ihren Rollatoren. Christiane Tappe und Sandra Bauer konnten nicht zum Fototermin kommen.

Almud Reiser, Raphaela Holz, Dagmar Scholl, Birgid Rohling und Johanna Haak (v.l.) mit ihren Rollatoren. Christiane Tappe und Sandra Bauer konnten nicht zum Fototermin kommen.

Foto: Isabella Raupold

Im wirklichen Leben sind sie durchaus seriös. Gehen ihren Berufen nach, kümmern sich um ihre Familien - und singen im renommierten Münsterchor. Sobald die Damen aber in ihre "Klamotten" geschlüpft sind, und spätestens, wenn sie die Griffe ihrer Rollatoren in den Händen halten, geht es ab. Dann sind sie komplett außer Rand und Band - und richtig schön bekloppt.

Und das weiß die gesamte Chorgemeinschaft spätestens seit dem Stiftungsfest, das unlängst im Pfarrsaal an der Abteistraße gefeiert wurde. Da traten die "Rolli-Girls" zum ersten Mal auf - mit Choreographien zu "Theo, wir fahr'n nach Lodz" und "Rock around the clock". Und sie verwandelten sich in gebrechliche alte Damen - inklusive Hüftproblemen, Fußweh und Rücken.

Die Idee hatte Birgid Rohling. Sie hatte ähnlichen Schabernack im Internet gesehen, sich darüber kaputt gelacht und sofort nach Mitstreiterinnen Ausschau gehalten. Die fand sie leicht. "Bei uns gibt es eine Menge Leute, die für jeden Spaß zu haben sind", sagt Almud Reiser, die mit schwarzem Samthut vom Flohmarkt und mit ihrer rosa John-Lennon-Nickelbrille wahrlich eine gute Figur am Rollator macht. Alle anderen auch. Johanna Hack ist die Jüngste im Bunde. Im Körbchen ihres Rollators liegen allerlei Tablettenpackungen, Verbandsmaterial und Fischöl gegen Rheuma. Aus der Infusionsflasche fließt Stärkendes in ihren Köper. Zwischendurch variiert sie mit hochprozentigem russischen Wodka.

Dagmar Scholl musste sich vor Jahren tatsächlich einer Hüpftoperation unterziehen. Davon merkt man nichts, wenn sie ihren eleganten Rock lüftet und das Bein über ihren Rollator fliegen lässt. Alle Achtung. "Ich bin hart im Nehmen." 2009 reiste sie als Gast mit dem Münsterchor nach Rom, machte das ganze Programm mit - auf Krücken. Anschließend trat sie dem Chor bei und singt seitdem im Alt.

Raphaela Holz verstärkt seit 1981 den Sopran im Chor. Als sie 1988 nach Goch zog, war sonnenklar, dass sie weiterhin in Gladbach singen würde. So tourte sie in den letzten Monaten dienstags - wie üblich - zur Chorprobe und mittwochs zum Tanztraining. Ihr Outfit ist gewagt: Zum scheußlich gemusterten Kittel trägt sie Yogasocken - rechts rosa-weiß-geringelt, links hellblau mit weißen Punkten. Und im Transportkorb ihres Rollis verwahrt sie Schwämme, eine Klobürste und Socken im Borussia-Design.

Gemeinsam mit Chorsängerin und Tanzlehrerin Dorothee Wolter hat Birgid Rohling die Choreos für die Tänze der Rolli-Truppe erstellt. Sie trägt bei den Vorführungen ein tolles Kleid. Das hat Resi Nelles zur Verfügung gestellt. Die Kostümbildnerin, die früher die Outfits für das Eiskunstlauf-Paar Marika Kilius und Hans-Jürgen Bäumler nähte, hat einige der Klamotten gefertigt, die die Rolli-Damen mit Stolz tragen. Ob es weitere Aufführungen und neue Tänze geben wird? "Ja klar", sagt Birgid Rohling. Mehr wird aber nicht verraten.

(isch)
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