Mensch Gladbach Der Schicksalsberg

Mönchengladbach · Kompromisse sind etwas Wunderbares. Doch manchmal muss man einfach Farbe bekennen. Wir bekennen uns hiermit zu einer busfreien Hindenburgstraße, zum Abteiberg und vielen kreativen Ideen. Nachahmen unbedingt erwünscht!

Mensch Gladbach: Der Schicksalsberg
Foto: Stadt MG

Heute machen wir uns mal unbeliebt, stellen uns dem Sturm der Entrüstung, neudeutsch auch Shitstorm genannt. Das heikle Gebiet heißt Busverkehr in der Hindenburgstraße. Und wir haben dazu eine klare Haltung: Der Busverkehr muss da komplett raus!

Mit dem Verändern ist das ja so eine Sache. Der Mensch mag's lieber so, wie es immer war. Und wenn schon immer der Duft von Dieselabgasen durch Gladbachs wichtigste Einkaufsstraße wehte, dann wird das auch heute nicht als allzu störend empfunden. Wer das ändern will, muss mit Protest rechnen. Davor scheut die Politik gerne zurück. Am Ende steht oft: nix Halbes und nix Ganzes. Doch der schlechte Kompromiss bringt eine Stadt nicht weiter. Gute Ideen müssen her - und stetige Überzeugungsarbeit!

Und es gibt starke Argumente. Die Hindenburgstraße kämpft zwar mit einigen Problemen im Einzelhandel, hat aber immer noch viel zu bieten. Vor allem auch eine besondere Topographie: In nicht allzu steiler Steigung schwingt sich die Einkaufsmeile den Berg hinauf, in ihrer Mitte ein attraktives Einkaufszentrum und ein glitzernder Platz mit Eseln. Wie gemacht für entspanntes Flanieren. Langsam hoch, schneller runter, immer mit Überblick.

Tatsächlich gibt es im Rathaus bereits überzeugende Pläne für den Abteiberg, auch für diesen Teil. So soll Wasser terrassiert durch die Hindenburgstraße fließen. Auf den Projektionen sind shoppende Flaneure, spielende Kinder, Außengastronomie zu sehen. Und dann rauschen alle paar Minuten Dieselbusse durch die Szenerie? Absurd.

Dass das stört und nicht mehr dem modernen Lebensgefühl entspricht, hat man bei der Stadtverwaltung wohl erkannt, doch ungefähr auf halber Strecke den Mut verloren. Jedenfalls fahren die Linienbusse nur noch halb durch die Einkaufsstraße, nämlich bergauf. "Das Schlimmste in allen Dingen ist die Unentschlossenheit" - Napoleon muss Gladbach gekannt haben!

Nein, die Busse gehören komplett raus aus der Hindenburgstraße. Der Berg ist aber kein Hindernis, sondern eine Chance. Warum nicht eine übermütige Lösung dafür wagen, um jene, die nicht so gut zu Fuß sind oder schwer zu tragen haben, komfortabel nach oben zu befördern? Etwas Besonderes, so wie der Berg selbst, von dem man weit außerhalb der Stadt spricht, für das es sich nach Mönchengladbach zu kommen lohnt. Eine exotische Attraktion. Ideen dafür gibt es. Das City Management hatte vor Jahren vorgeschlagen, nach dem Vorbild von San Francisco "Cable Cars" bergauf fahren zu lassen. Ja, klar! Das geht auch elektrobetrieben.

Ein kreativer Geist aus Rheydt (von Beruf Karikaturist) hat diese Idee noch weiter gesponnen: das Kabelfuhrwerk von Pferden gezogen (Vorsicht, Tierschützer!), am Sonnenhausplatz vor dem Minto eine Zwischenstation, Stand mit Zuckerwatte inklusive. Welches Kind will da noch ins Centro Oberhausen? Oder eine Flotte privat betriebener, werbefinanzierter Elektromobile, die rauf und runter pendeln. Sie können auch lustig aussehen wie die städtischen Straßensauger.

Unsere Stadt soll nicht übermütig werden, muss aber größer denken, auch mal unvernünftig sein und ihre Besonderheiten betonen. Weitere Ideen nehmen wir gerne entgegen.

In diesem Sinne: Ihnen ein kreatives Wochenende - mit möglichst viel Unvernunft.

(RP)
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