Mönchengladbach Der "Photo-Philosoph"

Mönchengladbach · Der neue Atelierstipendiat der NEW bezieht derzeit Quartier im Wasserturm Viersener Straße: Vesko Gösel befasst sich mit Fotografie, drückt aber nur selten auf den Auslöser. Ihn interessiert eher der Hintergrund dieser Kunst.

 Vesko Gösel ist der neue Atelier-Stipendiat im Wasserturm.

Vesko Gösel ist der neue Atelier-Stipendiat im Wasserturm.

Foto: Ilgner

Zum zweiten Mal seit 2003 gewährt die NEW (damals NVV) einem Fotokünstler Unterkunft in ihrem schmucken Wasserturm. Seinerzeit zog Ralf Brück dort für zwei Jahre ein, am 1. Juli folgt nun der 28-jährige Thüringer Vesko Gösel. Empfohlen hatte der Kölner Marcel Odenbach, Professor für mediale Inszenierung an der dortigen Kunsthochschule für Medien, den jungen Kandidaten, der dort bereits sein Diplom abgelegt hat. Der in Nordhausen aufgewachsene Künstler hat schon in seiner Kindheit viel fotografiert. "Die Jugendzeit verbrachte ich im Dunkeln, da war ich oft in der Dunkelkammer", erzählt Gösel, der fünf Jahre lang einen Fotoklub in seiner Kreisstadt am Fuß des Nordharzes leitete.

Neue Webekunst mit Filmdöschen

Heute interessiert ihn weniger das Fotografieren als die inhaltliche Auseinandersetzung mit diesem Medium, dessen Auflösung der Künstler dabei ausdrücklich nicht ausschließt. "In meinen Arbeiten spiele ich mit der Funktion von Fotografie und ihrem kontroversen Gebrauchswert zwischen der Alltags- und Kunstwelt", erklärt Vesko Gösel. Ein Beispiel steht, spiralförmig aufgerollt wie ein Teppich, auf dem Boden des Ateliers im Wasserturm: "Neue Webekunst" nennt er diese Arbeit, bei der er 2300 gebogene Kleinbild-Filmpatronen zum Alu-Teppich verklebt hat. "Das Moment der Installation in Verbindung mit Fotografie ist mir wichtig", sagt Gösel. Das verdeutlicht auch seine Arbeit "Einen Schritt zurück und ich krieg fast den ganzen Raum drauf". Ein Stativ, auf dem 26 programmierte Aufsteck-Blitzgeräte montiert sind, ist gegen eine weiße Wand gerichtet. In beliebig programmierbaren Abständen zucken aus sämtlichen Lampen Blitze auf die Wand. Bizarr — aber auch durchaus solide: Immerhin gehörte das Kunstwerk zu Gösels Diplomarbeit.

Das Verhältnis von Original und Reproduktion bildet einen weiteren Neigungsschwerpunkt im Schaffen von Vesko Gösel. So konfrontiert er die Freiheitsstatue in New York mit Fotos, die er in Paris aufgenommen hat: das Original der Statue, das unter anderem im Naturhistorischen Museum der Seinestadt steht. Einen künstlichen Diorama-Blick auf die New Yorker Freiheitsstatue hat Gösel von dort aus dokumentiert. "Mich interessiert: Was ist Original und was Kopie — und was hat das mit Fotografie zu tun?", erklärt der Künstler, der zuletzt beim "Festival of Rome" die Ausstellung "New Photographic Pleasures"gestaltete.

"Wir freuen uns, dass wir nun den mittlerweile zwölften Wasserturm-Stipendiaten fördern können", sagte NEW-Vorstand Friedhelm Kirchhartz. Zwei Jahre darf Vesko Gösel in der Pumpenwärterwohnung mietfrei wohnen und im Atelier arbeiten.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort