Mönchengladbach Der Laden für Arme

Mönchengladbach · Immer mehr Menschen sind auf die Lebensmittel der Tafel angewiesen. Die Mitarbeiter haben alle Hände voll zu tun, die Waren abzuholen, zu sortieren und zu verteilen. Manche Kunden zeigen ihren Dank mit rührenden Gesten.

In gestochener Schrift hat Ekatarina M. sich bedankt: "Seit zwei Jahren wohnt meine Familie in dieser großen Stadt. In dieser Zeit hat sich für uns vieles verändert — und zwar zum Guten. Die Mitarbeiter der Tafel sind für uns und für viele Leute da: immer freundlich, verständnisvoll und hilfsbereit." Die aus Russland stammende Frau gehört zu den Menschen, die regelmäßig zum Laden der Tafel am Fleenerweg in Lürrip kommen. "Als ich vor fünf Jahren Mitarbeiterin der Tafel wurde, versorgten wir 150 bis 170 Familien pro Ausgabetag", sagt Monika Bartsch, die seit zwei Jahren Vorsitzende der Tafel ist. "Heute sind es doppelt so viele, die sich bei uns Lebensmittel abholen."

Auch mal ein Witzchen erzählen

Mittwochs, freitags und samstags hat der Laden geöffnet, immer bietet sich den Ehrenamtlern der Tafel das gleiche Bild. Geduldig warten die Hilfsbedürftigen vor dem Laden, bis sie an der Reihe sind. "Im Vergleich zu unserem früheren Standort an der Badenstraße gibt es hier in Lürrip genügend Platz für unsere Kunden", sagt Jürgen Kirchner vom Vorstand. "Bei schlechtem Wetter können sie sich auch in der Halle aufhalten." Kirchner arbeitet schon seit elf Jahren bei der Tafel. Zu vielen Kunden hat er eine persönliche Beziehung. "Da wird auch mal geplaudert oder ein Witzchen erzählt", sagt er.

Die Zahl der Kunden steigt deutlich. "Aber wenn man bedenkt, dass es 42 000 Bedarfsempfänger in der Stadt gibt, sind die 1600 die sich bei uns mit Lebensmitteln versorgen, vergleichsweise wenig", sagt Monika Bartsch. Viele, die eigentlich berechtigt wären, kommen wohl auch aus Scham nicht, meint sie. Oder sie sind nicht mobil genug, um nach Lürrip zu kommen. Die Klientel der Tafel wird von vier großen Gruppen dominiert, von Russlanddeutschen, Frauen oder jungen Paaren mit Kindern, alte Menschen und alleinstehenden jungen Männern.

"Viele von unseren Kunden haben kaum Aussichten, noch mal allein auf die Beine zu kommen", sagt Monika Bartsch. "Da fehlt es grundsätzlich an Strukturen." Das Bild der Armut habe sich dramatisch geändert. "Es muss heute niemand mehr hungern, die Probleme liegen woanders." Viele hätten nie gelernt, ihren Tag zu strukturieren. "Sie schaffen es nicht, morgens aufzustehen und die Kinder zu versorgen." Denen fehle es dadurch an guten Vorbildern.

Die Tafel organisiert sich heute wie ein Unternehmen. "Als ich vor elf Jahren anfing, hatten wir einen Lieferwagen, heute sind es vier", sagt Jürgen Kirchner. Die Fahrten müssen punktgenau organisiert werden, das Sortieren der Lebensmittel ist ein großer Arbeitsbereich — und die Pflege der Sponsoren. "Ohne die geht gar nichts", sagt Kirchner. Der sensibelste Arbeitsplatz bei der Tafel sei die Essensausgabe. "Die Menschen, die da arbeiten brauchen viel Einfühlungsvermögen, Geduld und eine Portion Autorität." Und gute Worte.

Dafür bekommen die Ehrenamtler manchmal ein rührendes Dankeschön. Kirchner sagt: "Zu Weihnachten brachte mir ein älterer Mann drei Weingläser — alle verschieden. Er hatte nur diese, aber trennte sich davon, um mir eine Freude zu machen."

(RP)
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