Mönchengladbach Der Knochen-Finder

Mönchengladbach · Ohne Peter Pieper wäre der Fall Krystana K. vielleicht nie aufgeklärt worden. Der Düsseldorfer Archäologe hat das entscheidende Beweisstück identifiziert – den Gehörknochen des toten Säuglings.

Polizei findet Reste der Leiche im Abflussrohr
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Polizei findet Reste der Leiche im Abflussrohr

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Foto: Polizei Mönchengladbach

Ohne Peter Pieper wäre der Fall Krystana K. vielleicht nie aufgeklärt worden. Der Düsseldorfer Archäologe hat das entscheidende Beweisstück identifiziert — den Gehörknochen des toten Säuglings.

Als seine Mitarbeiterin aus dem Sezierzimmer kam, musste sich Peter Pieper erst einmal hinsetzen. Mit einer Pinzette hielt sie ihm ein winziges Knöchelchen entgegen. Es war ein Knochen des Säuglings, den die Polin Krystana K. vor sechs Jahren erst verbrannt und dann in der Toilette entsorgt hatte. "Mir war sofort klar, dass das ein menschlicher Gehörknochen ist", erinnert sich der Archäologe, der am Institut für Rechtsmedizin der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität arbeitet. Durch seine Mitarbeit gelang es der Polizei, das Beweisstück zweifelsfrei zu identifizieren und somit den unglaublichen Fall von Krystana K. aufzuklären.

Moorleichen, Neandertaler

Peter Pieper ist ein gefragter Mann. Wo Archäologie auf uralte Leichen oder Skelette trifft, ist er zur Stelle. Der Experte kennt sich nicht nur mit Moorleichen aus. Er hat auch etwa die Schädelknochen eines Neandertalers untersucht und nachgewiesen, dass dieser skalpiert wurde. Noch gruseliger wird seine Arbeit, wenn die Polizei seine Kenntnisse benötigt. Und das kommt immer wieder vor. Kein Wunder also, dass auch das Filtrat, das die Beamten aus der Kanalisation des Hauses von Krystana K. pumpten, auf Piepers Schreibtisch landete.

Eine ekelige, stinkende Masse war das. So ekelig, dass Pieper und seine Mitarbeiter nur am Wochenende zu Werke gehen konnten. Denn der Gestank wäre dem gesamten Institut nicht zumutbar gewesen. Nach nur vier Stunden war der Beweis gefunden. "Das war Kommissar Zufall vom Feinsten", urteilt Pieper im Rückblick. Ein weiterer Zufall: Erst einen Monat zuvor hatte Pieper einen mittelalterlichen Schädel, den eine gewaltige Schwertverletzung verunstaltete, untersucht. Nur weil er auch die Gehörknochen des Kriegers untersucht hatte, erkannte der Archäologe das Beweisstück im Fall Krystana K. sofort. Dennoch folgte eine lange wissenschaftliche Diskussion. Kollegen bezweifelten, dass der Knochen von einem Säugling stamme. Andere warnten, dass der menschliche Gehörknochen dem eines Meerschweinchens recht ähnlich sei.

Für Gewissheit sorgte eine DNA-Analyse in Göttingen. Wieder ein kleines Wunder. Nicht nur, weil eine solche Untersuchung erst seit wenigen Jahren möglich ist. Sondern auch, weil der Fund aus der Kanalisation mit der DNA anderer Menschen stark verunreinigt war.

Doch bei allem kriminalistischem Erfolg bleibt Pieper Archäologe. "Ich bin noch nicht abgestumpft genug, um Rechtsmediziner zu sein", sagt er. Für ihn bestünde immer die Gefahr, dass er sich im Schicksal und Leiden der Betroffenen verheddere. Uralte Leichen sind ihm lieber.

(RP)
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