Serie 25 Jahre Fanprojekt, 25 Fans Der Farbklecks in Borussias Fanszene

Mönchengladbach · Die Bunten Fohlen waren 2009 Mönchengladbachs erster schwul-lesbischer Fanklub – nun haben sie Nachahmer gefunden.

 Sven Metternich und Alex Hübner (r.) im Borussia-Park. Auf den Rängen gebe es ab und zu homophobe Äußerungen, aber die nehme Hübner nicht persönlich.

Sven Metternich und Alex Hübner (r.) im Borussia-Park. Auf den Rängen gebe es ab und zu homophobe Äußerungen, aber die nehme Hübner nicht persönlich.

Foto: NN

Die Bunten Fohlen waren 2009 Mönchengladbachs erster schwul-lesbischer Fanklub — nun haben sie Nachahmer gefunden.

 Alex Hübner lebt in Köln – kennt aber mehr Borussia- als FC-Fans.

Alex Hübner lebt in Köln – kennt aber mehr Borussia- als FC-Fans.

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Alex Hübner lebt in Köln. Der 22-Jährige ist Gladbach-Fan. Das ist auf dem Hoheitsgebiet des 1. FC Köln nicht immer leicht. "Einmal wurde ich mit einer Flasche beworfen", erinnert sich Hübner. Ansonsten jedoch lebe es sich ganz gut als Borusse in Köln. "Ich kenne hier jede Menge Gladbacher, mehr als Fans des FC", sagt Hübner. Er hat sogar einen Fanclub gegründet: die Bunten Fohlen. 2009 war es der erste schwul-lesbische Borussia-Fanklub.

Inzwischen sind es zwei. Bei der Delegiertenversammlung der Queer Football Fanclubs (QFF), dem Netzwerk europäischer schwul-lesbischer Fanklubs, kamen am Wochenende die Queer Guards Borussia hinzu. 29 schwul-lesbische Fanclubs gibt es landesweit, zudem drei in der Schweiz und einen in den Niederlanden. "Für die Queer Football Fanklubs steht die Toleranz für gesellschaftliche Minderheiten im Fußball an oberster Stelle. Die QFF wenden sich gegen jegliche Diskriminierung, insbesondere aufgrund der sexuellen Orientierung", definiert sich der Dachverband QFF. Rund 1100 Mitglieder hat er insgesamt.

40 davon gehören zu den Bunten Fohlen, 30 Männer und zehn Frauen. Alle sind homosexuell. "Das ist aber kein Kriterium, bei uns mitzumachen. Auch Heteros sind willkommen", sagt Hübner. Natürlich haben die Bunten Fohlen auch eine eigene Internetseite. Die ist anders gestaltet als viele Seiten von Gladbach-Fanclubs. Nicht Schwarz, Weiß und Grün dominieren total, es gibt auch alle Farben des Regenbogens.

Auch der Anlass, den Fanklub zu gründen, dürfte recht exklusiv sein. "2008 war ich mit meinem Freund Sven beim Christopher Street Day in Köln, an dem auch die Vereinigung der Queer Football Fanclubs mit einem Wagen teilnahm. Da fühlten wir uns verpflichtet, nach zahlreichen anderen schwul-lesbischen Fanclubs, auch einen für Borussia zu gründen", erzählt Hübner. Im Januar 2009 waren alle Formalitäten erledigt, die Bunten Fohlen sind seither nicht nur Mitglied im Fanprojekt, sondern auch ein Farbtupfer in der Gladbacher Fanszene.

Warum der Kölner Hübner Borussia liebt, ist schnell erklärt. "Ich bin gebürtiger Viersener und in Gladbach groß geworden. Ich bin also als Borussia-Fan aufgewachsen", sagt er. Als Hübner 16 Jahre alt war, tat er, was zuletzt der frühere Nationalspieler Thomas Hitzlsperger tat: Er entschied sich für sein Coming-Out. "Ich habe sehr früh gemerkt, dass ich mich zu Männern hingezogen fühle. Es ist ein Prozess und dauert seine Zeit, bis man es akzeptiert", erzählt Hübner. "Wichtig war, dass ich einen guten Freundeskreis hatte, der damit vernünftig umgegangen ist", sagt Alex Hübner, der im vierten Semester Jura studiert.

Er kann nachvollziehen, was Thomas Hitzlsperger in all den Jahren des Versteckspiels durchgemacht hat. "Es ist wichtig, dass er sich geoutet hat. Alle haben lange darauf gewartet, dass es jemand tut", sagt Hübner. Natürlich war das Hitzlsperger-Coming-Out nebst des gigantischem medialen Echos ein Thema bei den Bunten Fohlen. "Ich denke, die öffentliche Reaktion hat gezeigt, dass es vielleicht gar nicht mehr so schwierig für einen aktiven Spieler wäre, sich zu outen. Allerdings ist nicht abzusehen, was wirklich passieren würde", sagt Alex Hübner.

Die Bunten Fohlen gehören nicht zu den Fanklubs, die immer im Stadion dabei sind. "Meistens schauen wir Borussias Spiele zusammen im Fernsehen", sagt Hübner. Er mag aber die Atmosphäre im Borussia-Park. Als schwuler Fan in der Kurve ist es nicht viel anders als für Heteros, versichert Hübner.

Ab und zu gebe es homophobe Äußerungen, aber die nimmt er nicht persönlich. "Das sind für die meisten Leute Schimpfworte wie viele andere auch, daher sind sie nicht so gemeint. Das ist zwar nicht in Ordnung, aber ich kann damit leben", sagt er. Ob er den Fußball als Schwuler anders sieht als Heterosexuelle? Hübner schüttelt den Kopf. "Uns geht es ja nicht um sexuelle Sachen, sondern um Borussia", sagt Hübner.

"Fußball ist alles, auch schwul", steht als Leitspruch auf der Seite der Bunten Fohlen. "Es ist eben so, dem muss man sich stellen", ergänzt Hübner im Gespräch. Weswegen die Bunten Fohlen auch ein Projekt sind. Denn wer sich hier anmeldet, der bekennt sich auch und geht mit einem Tabuthema offen um. "Bekennt euch zu eurem Verein und zu eurer Homosexualität" steht unter dem Link "Ziel" auf der Seite der Bunten Fohlen. Was Borussia angeht, wünscht sich Alex Hübner wieder "internationale Spiele". Und, natürlich, "wieder Derbys gegen den 1. FC Köln". Für die Bunten Fohlen wäre es dann ein Heimspiel im Kölner Stadion.

(RP)
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