Serie Denkanstoss Der DU des Menschen gedenkst

Mönchengladbach · Unruhige, aufwühlende Zeiten. Beim Verfassen dieser Zeilen liegt das Elfmeter-Drama gegen Italien längst hinter und das Halbfinale gegen Frankreich kurz vor uns. Die Anschläge in Dhaka und Bagdad machen wütend und sprachlos. Vorfreude auf die Ferien und Ärger über das ausbleibende, nun zumindest sich doch mal vorwagende Sommerwetter, bestimmen Gespräche. So vieles schwirrt im Kopf herum, da ist vom Brexit mit seinen täglich neuen Überraschungen noch gar nicht die Rede.

 900 Jahre Hardt: Hier ein Blick auf St. Nikolaus im Jahr 1940.

900 Jahre Hardt: Hier ein Blick auf St. Nikolaus im Jahr 1940.

Foto: Stadt MG

Vor 14 Tagen haben wir ein Jubiläum gefeiert: 900 Jahre Hardt. Ein letztlich unvorstellbarer Zeitraum für ein menschliches Gehirn. 25 bis 30 Generationen, die im Ort vor uns gelebt haben. Ich kann mich gerade noch ganz schwach an meine Urgroßmutter erinnern, aber 900 Jahre? 900 Jahre sind 10.800 Monate oder 46.800 Wochen. Da gab es wahrlich unruhigere Zeiten als unsere. Wer war da nicht alles Landesherr von Hardt? Kriege waren an der Tagesordnung, der Kampf ums Überleben prägte das Dasein. Und sei es "nur", um genug Nahrung zu erwirtschaften. Vielleicht ist die Kirche das bindende Glied, aber über die Hälfte der Zeit war sie auch nicht mehr eins. Die St. Nikolaus-Bruderschaft ist eine Konstante seit über 500 Jahren - das ist aber auch nur annähernd die Hälfte der Zeit.

Wie empfanden unsere Vorfahren ihr Leben? War es härter? Waren sie unglücklicher? Was für Zukunftsängste hat sie umgetrieben?

"Was ist der Mensch, dass DU seiner gedenkst?" Diese Frage hat ein Beter vor über 2500 Jahren an Gott gerichtet. Schon er war fasziniert davon, dass Gott sich bei der Vielzahl der Lebewesen ausgerechnet um uns Menschen kümmert (nachzulesen im Psalm 8). Und zwar um jeden einzelnen. Durch all die Jahre hindurch. Da bleibt einem nur noch das Staunen. Und der Dank - denn "DU hast den Mensch nur wenig niedriger gemacht als dich selbst", so fährt der Beter fort. Ungläubiges Staunen und Dankbarkeit über die Fürsorge Gottes, der den Menschen annimmt.

In diesem Wissen muss uns vor der Zukunft nicht bange sein, so unruhig und unsicher uns die Zeiten auch vorkommen. Geschichtlich betrachtet leben wir in einer sehr stabilen Zeit. Wir können zwar kaum wissen, was in fünf, zehn oder 30 Jahren sein wird, geschweige denn in 100, 200 oder 900.

Wir wissen aber, dass heute der letzte Schultag vor den Sommerferien ist, die für viele - ob zu Hause oder unterwegs - eine Zeit des Atemholens und Ausspannens und Neu-Entdeckens sind. Wie wäre es, wenn wir uns (wieder einmal) auf Gott einlassen, seinen Zuspruch zu uns entdecken und seine kraftschenkende Zusage spüren: "DU bist mein, ich habe DICH bei deinem Namen gerufen." So gibt es an vielen Orten im Urlaub europaweit Urlauberseelsorgerinnen und -seelsorger, die auch für Sie ein offenes Ohr haben.

Ich wünsche allen schöne Ferien und interessante Begegnungen mit Gott und (den) Menschen. An Dich wird gedacht! Ja, gerade auch an DICH.

DER AUTOR IST EVANGELISCHER PFARRER IN HARDT.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort