100 Jahre Erster Weltkrieg Denkmäler als Orte positiver Sinnsuche

Mönchengladbach · Bereits während des Ersten Weltkriegs begann auch in Gladbach der Denkmalskult um die Gefallenen. Eine Spurensuche.

 Das Hochkreuz von 1934 auf dem Hauptfriedhof

Das Hochkreuz von 1934 auf dem Hauptfriedhof

Foto: Stadtarchiv

Der Erste Weltkrieg als erster "Maschinenkrieg" schockte die Menschen mit einer bislang ungeahnt hohen Zahl gefallener Soldaten. In den mörderischen Schlachten gleich zu Beginn des Krieges in Flandern und Nordfrankreich starben täglich Zehntausende Männer im Granathagel und im Maschinengewehrfeuer auf beiden Seiten der Fronten. Später setzte man auch Panzer und Giftgas ein. Um diesen Toten zu gedenken, wurden bereits im Jahr 1915 besondere "Ehren"- beziehungsweise "Heldenfriedhöfe" durch die Kommunalverwaltungen angelegt. So verfuhr man auch in Mönchengladbach auf dem städtischen Friedhof sowie in Rheydt im Kaiserpark (heute Schmölderpark).

Man kannte in Mönchengladbach Kriegerdenkmäler bereits für die Gefallenen der so genannten Einigungskriege 1864 bis 1871 - sie stehen heute noch auf zwei evangelischen Friedhöfen -, doch diese Denkmäler trugen nur die Namen weniger Gefallener. Um die Masse der Toten des Ersten Weltkrieges würdigen zu können, mussten ganz andere Formen des öffentlichen Gedenkens gefunden werden.

Gefallenendenkmäler sind eine Folgeerscheinung der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in Preußen. Von nun an wurden auch gemeine Soldaten für würdig befunden, für ihre Verdienste im Kriege mit ihrem Namen gewürdigt zu werden. Mit der im Verlauf des Ersten Weltkrieges auftretenden Masse gefallener Soldaten, von denen viele körperlich gar nicht mehr vorhanden waren, weil sie auf den Schlachtfeldern unauffindbar blieben, suchte man nach geeigneten Formen des Gedenkens in der Heimat.

Nach dem für Deutschland unglücklichen Ende des verlorenen Krieges drängte sich zusätzlich die Frage auf, wofür denn die vielen Soldaten nun ihr Leben gegeben hatten? Nach dem Ende des Krieges begannen vor allem private Stiftungsinitiativen damit, für "die Ihren", das heißt für die Gefallenen einer Firma, einer der öffentlichen Verwaltungen, einer Schule, eines Vereins, einer Nachbarschaft oder einer Kirchengemeinde, Gefallenen-denkmäler in unterschiedlichen Stilen zu errichten.

Man kann wohl von rund 100 dieser Denkmäler im heutigen Stadtgebiet Mönchengladbachs ausgehen. Neben der Trauerarbeit waren diese Denkmäler immer auch Ausdruck einer positiven Sinnsuche für die Opfer des Krieges. Anfangs dominierten die Trauer und der Schmerz über den Verlust der Toten die Wahl der Stilmittel für diese Denkmäler, doch zum Ende der 1920er Jahre wandelte sich der Zeitgeist. Von nun an standen mehr die "heroische Tat" und das "Heldentum" der Gefallenen im Zentrum des Denkmalskultes. Dies lässt sich auch an den Denkmalstiftungen in Mönchengladbach und Rheydt aufzeigen. Endpunkt dieser Entwicklung in den Weimarer Jahren war sicherlich die Einweihung des steinernen "Löwen" vor dem heutigen Dorint-Hotel im Frühjahr 1933, der den "Helden von 1914-18" gewidmet war. Der Löwe wurde in den 1960er Jahren im Umfeld von Straßenbauarbeiten abgebrochen und auf dem Hauptfriedhof in einer Grube deponiert.

Eine Ausnahme in der Reihe der späteren Denkmäler bildete sicherlich der "Michael hilf" auf dem Gelände des heutigen Grenzland-Stadions in Rheydt von 1932. Dieses künstlerisch sehr ambitionierte und christliche Denkmal wurde von den Nazis später abgebrochen und in die "Metallspende des Führers" geworfen, weil es den Vorstellungen der NSDAP von einem "Helden-Denkmal" widersprach. Zwei Denkmalstiftungen aus der Nazi-Zeit haben sich in Mönchengladbach erhalten. Eines befindet sich im Verwaltungsgebäude der ehemaligen Straßenbahn (heute NEW) und eines in einer ehemaligen Schule an der Waldhausener Höhe. Beide Mosaike stammen von dem Künstler Josef Höttges und verweisen auf die zentrale Botschaft des Nazi-Gefallenenkultes: Die große Zahl der kriegsgefallenen Soldaten sollte eine direkte Verpflichtung und ein Ansporn für die Lebenden sein, es ihn gleichzutun, um den Sieg Deutschlands herbei zu führen.

Eine Besonderheit stellt das im Frühjahr 1934 eingeweihte "Hochkreuz" auf dem Mönchengladbacher Hauptfriedhof dar. Es wurde vom Kreiskriegerverband Gladbach Stadt und Land ein Jahr nach dem Löwen-Denkmal errichtet, weil die lokale Nazi-Partei mit der Widmung des Löwen allein nur für die "Helden von 1914 bis 1918" unzufrieden war. Das Hochkreuz trägt deswegen die Widmung "Für alle", weil damit fortan nicht nur den feldgrauen, sondern auch den "braunen Helden" der Nazi-Partei aus der sogenannten "Kampfzeit" der NSDAP in Ehren gedacht werden konnte.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort