Kolumne Denkanstoß aus Mönchengladbach Halt Pohl und All Rheydt – auf Freude programmiert

Mönchengladbach · Angesichts der Karnevalstage sagt unser Autor, dass wir auch in Corona-Zeiten unseren Humor, unser Gottvertrauen und die Zuversicht, dass wieder bessere Tage kommen, nicht verlieren sollen.

 Auf Karnevalszüge müssen die Jecken in diesem Jahr verzichten, den Humor sollen sie sich aber erhalten (Symbolbild).

Auf Karnevalszüge müssen die Jecken in diesem Jahr verzichten, den Humor sollen sie sich aber erhalten (Symbolbild).

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Ich muss gestehen: In Sachen Karneval bin ich bis ins 53. Lebensjahr, also bis zur ersten Karnevalsparty meines Lebens (es war die der RP im Jahr 2018) „jungfräulich“ gewesen. Als evangelischer Pfarrer mit starken Wurzeln im eher strengen Siegerländer Pietismus war mir Karneval fremd. In etwa so fremd wie dem Metzger die vegane Bio-Curry-Papaya-Mango-Streichcreme aus dem Bioladen. Ich wusste, dass es das gibt: Karneval. Aber mir lag es näher, mit einer Jugendgruppe über Fasching zu Tagen der Stille in ein entlegenes Freizeitheim (gerne im Siegerland) zu fahren, als mit ihnen Karneval zu feiern, was übrigens auch den rheinischen Protestanten lange als „unevangelisch“ galt.

Nun lernt man im Leben, Gott sei Dank, ja niemals aus. Hat mich erst diese karnevalistische Programmierung auf Freude, Maskierung und gute Laune irritiert, so habe ich doch bald gelernt, dass Karneval für den Rheinländer eine wichtige Angelegenheit ist und mit einer bestimmten Haltung zu tun hat: Sich Inseln schaffen für Frohsinn, die Dinge des Lebens mit Humor betrachten, über sich selbst lachen können und mal nicht alles gar so ernst nehmen – das ist befreiend. Das tut gut. Und irgendwie vermisse ich „Karnevals-Grünschnabel“, der ich wohl immer noch bin, in diesem Jahr der immer gleichen medizinischen Masken die Karnevalskostüme und die Büttenreden und die Umzüge und den Frohsinn. 

Die herrschenden Einschränkungen mit Humor nehmen, daran arbeite ich täglich, und die Karnevalisten und -listinnen in ihren Video-Zusammenkünften, die man nun wenigstens zum Teil „streamen“ kann, arbeiten auch daran. Es ist ja wirklich lustig, was man so alles im Hintergrund von Videokacheln bei Meetings zu sehen bekommt. Oder wenn das Mikro aufbleibt und man mithören muss, dass Omas Gebiss gerade wieder gefunden wurde. Selbst im Impfzentrum wird gelacht, wenn statt der 92-jährigen Frau Stiller die Frau Killer aufgerufen wird, weil das Rechtschreibprogramm sehr wohl den „Killer“ kennt, es aber für „Stiller“ nicht reicht.

Ja, es gibt sie, die lustigen Begebenheiten auch in Pandemie-Zeiten. Wohl denen, die den Humor nicht mit der „Coronaverordnung Nummer soundso“ an der Garderobe abgegeben haben. Auf Freude programmiert – das hilft über scheinbare Katastrophen locker hinweg. Und selbst in echten Katastrophen ist diese Haltung deutlich gesünder als Trübsal blasen. „Lachen ist gesund“, sagt schon das Sprichwort. Da fällt mir ein frommer Ostfriesen-Witz ein.

Strahlender Sonnenschein, blauer Himmel, Strandgras, geschlossene Lokale, leere Strandkörbe, keine Touristen. „Watt nu?“ Ein Ostfriese sitzt am Strand und schaut aufs Wattenmeer. Da setzt sich Gott neben ihn und tut es ihm gleich. Nach einer Weile traut sich der Ostfriese und sagt: „Moin Gott, watt mokst du denn in Ostfreesland?“ „Homeoffice mien Jung …“ sagt Gott.

„Freut Euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: freuet Euch!“ So schreibt der Apostel Paulus aus dem Gefängnis an die Christen in Philippi. Er ist auf Freude programmiert, weil er weiß, Gott ist bei mir. Ob „Halt Pohl“ und „All Rheydt“ oder mit Paulus: „Ich sage Euch: freuet euch“, auch in „Jlabbach un Rheedt“ sitzt Gott im „Homeoffice“. Gott sei Dank! Erhalten wir uns unseren Humor, das Gottvertrauen und die Zuversicht, dass wieder bessere Tage kommen. In diesem Sinne: „Halt Pohl un All Rheydt“, Ihr Karnevals-Grünschnabel aus Gottes protestantischem Bodenpersonal!

Der Autor ist Superintendent des ev. Kirchenkreises Gladbach-Neuss.

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