Redaktionsgespräch Peter Schlipköter & Michael Schroeren Den Markenkern der Stadt entwickeln

Mönchengladbach · Der Geschäftsführer und der Aufsichtsratsvorsitzende der städtischen Marketinggesellschaft MGMG sprechen über die Besonderheiten Mönchengladbachs, die Entwicklung des Tourismus' und den wachsenden Kuchen im Event-Bereich.

Herr Schroeren, Sie sind Aufsichtsratsvorsitzender der Marketinggesellschaft Mönchengladbach. Wofür steht Mönchengladbach eigentlich heute? Wie unterscheidet sich die Stadt von anderen Städten?

Michael Schroeren Der Markenkern der Stadt ist heute nicht deutlich genug. Aber die Zeiten, in denen Städte als Gemischtwarenladen vermarktet werden konnten, sind vorbei. Deshalb wurde die externe Firma Heinze & Partner, die Erfahrungen in der Strategieentwicklung für Quartiere, Städte und Regionen mitbringt, beauftragt, ein Angebot für das Prozesskonzept für die Stadtmarke Mönchengladbach zu entwickeln. Das wurde inzwischen im Aufsichtsrat vorgestellt, und ich habe selten so einhellige Begeisterung erlebt. Das Konzept kommt zu dem Ergebnis, dass drei bis vier Kernthemen herausgearbeitet werden müssen.

Welche Kernthemen können das sein?

Schroeren Es kann natürlich das Thema Einkaufsstadt sein. Fußball und Hockey können dazu gehören, aber auch die Hochschule und das Technikum. Das bleibt aber noch zu diskutieren und festzulegen. PETER SCHLIPKÖTER Ein Gemischwarenladen führt langfristig zur Profillosigkeit. Die drei bis vier Kernthemen festzulegen, ist der nächste Schritt. Das wird sicher ein durchaus schmerzhafter Prozess. Deshalb ist es wichtig, alle einzubinden und alle mitzunehmen, Unternehmen, Vereine und Bürger. Es ist jetzt aber auch der richtige Zeitpunkt, mit diesem Prozess zu beginnen. Als ich vor 13 Jahren in die Stadt kam, war Mönchengladbach noch ganz anders. Es gab zum Beispiel keinen Borussiapark, keinen Hockeypark, kein Minto. Jetzt tut sich viel in der Stadt, sie wird immer attraktiver. Jetzt muss es um den Markenkern gehen, mit dem man werben kann.

Das wird sicher ein längerer Prozess. Wie viel Zeit geben Sie dem Ganzen - und wie teuer wird das?

Schlipköter Mit 18 Monaten müssen wir rechnen und sicher auch mit einem nicht unerheblichen Betrag. Am Schluss muss eine Kommunikationsstrategie stehen. Danach wird es einen Wettbewerb für die Werbemaßnahmen geben.

Es gibt schon den Imagefilm und das Buch. Wie ist die Resonanz?

Schlipköter Das funktioniert gut. Von der 5000er-Auflage des Buches sind bereits 3500 verkauft. Der Film hat schon über 90.000 Personen erreicht. Er hilft uns im Netz und in den sozialen Medien. Gladbacher Unternehmen und die städtischen Gesellschaften können ihn in ihren Auftritt einbinden, auch in modifizierter Form.

Die Stadt ist attraktiver geworden. Es gibt viele Events. Tut sich schon was beim Thema Tourismus?

Schlipköter Es gibt tatsächlich schon Resonanz, aus den Niederlanden kommen die ersten Busse. Aber der Tourismus wächst langsam. Wir haben eine Übernachtungsquote von 1,8, das heißt, der durchschnittliche Besucher bleibt weniger als zwei Nächte. Das ist sicher noch ausbaufähig. Wir sind kein Touristenziel, von wo aus jemand Fahrradtouren unternimmt. Mönchengladbach ist ein Freizeitziel, die Leute kommen zu Veranstaltungen und Kurzaufenthalten.

Ist es nicht sinnvoll, den Tourismus gemeinsam mit den umliegenden Städten zu entwickeln?

Schroeren Ja, wir wollen nicht allein handeln, sondern die anderen mitnehmen. Wir sind allerdings aus dem Konzept Niederrhein-Tourismus ausgestiegen, weil wir uns in der Zielsetzung nicht in gewünschtem Maße wiedergefunden haben. Aber wir haben Gespräche angeboten und sind uns mit Krefeld und Neuss einig. Mit Viersen sind Gespräche anvisiert. Das Tourismuskonzept sollte allerdings unsere Handschrift tragen. SCHLIPKÖTER Wir sind immer auf drei Ebenen aktiv. Durch den NRW-Tourismus werden viele Themen wie zum Beispiel die Schlösser, Parks und Event-Locations vermarktet. Der Niederrhein-Tourismus ist eine wichtige regionale Abgrenzung. Aber auf der dritten Ebene müssen wir die Besonderheiten Mönchengladbachs herausstellen.

Wo liegen die Besonderheiten denn Ihrer Meinung nach?

Schlipköter Bei den Veranstaltungen sind wir sehr gut aufgestellt, ob es nun Konzerte sind, die Nobelpreisträgerreihe oder das geplante Snowboard-Event. Und natürlich sind wir eine klassische Einkaufsstadt. Wenn der Sonnenhausplatz erst einmal fertig ist, wird die Attraktivität noch größer sein. SCHROEREN Es kommen jetzt schon immer mehr Leute, und wir erfahren viel Zuspruch. Auf der Hindenburgstraße ist auch schon von einzelnen Händlern viel Geld in die Hand genommen worden, um umzubauen. Einen schöneren weihnachtlichen Auftritt als in diesem Jahr habe ich in der Stadt noch nicht erlebt. Diesmal passt alles, vom Weihnachtsdorf auf dem Alten Markt über Weihnachtsmarkt an der Hindenburgstraße sowie dem Rheydter Markt bis zum Einzelhandelsangebot.

Inzwischen gibt es immer mehr Orte für Veranstaltungen, etwa den Hugo-Junkers-Hangar. Macht sich das negativ bei den Vermietungszahlen des Hauses Erholung oder der Kaiser-Friedrich-Halle bemerkbar?

Schlipköter Nein, im Gegenteil. Unsere Vermietung im Haus Erholung liegt 20 Prozent über dem Plan. Wir sind froh, so viele Event-Locations in der Stadt zu haben. Dadurch kommen mehr Veranstaltungen in die Stadt. Natürlich bemerken wir Wellenbewegungen. Wenn es eine neue Location gibt, zieht es viele erst einmal dorthin. Das war beim Borussiapark so und ist jetzt beim Hangar so. Aber weil der Kuchen insgesamt größer wird, profitieren alle von dem breiteren Angebot.

Muss in das Haus Erholung und die Kaiser-Friedrich-Halle nicht investiert werden?

Schlipköter Die Gebäude machen viel Arbeit, aber es gibt keinen größeren Investitionsstau außer bei der Außenfassade des Hauses Erholung. Die Mittel stehen im Haushalt bereit, aber wir müssen die Bauzeiten mit den Veranstaltungen übereinander bekommen.

Was halten Sie vom geplanten Snowboard-Event im nächsten Jahr?

Schlipköter Genau so etwas hat noch gefehlt. Das ist ein Event, das mit seiner Strahlkraft auch Profil für die Stadt schafft. Wir werden alle Unterstützung geben, die möglich ist. SCHROEREN Es zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche, dass die Stadt jetzt attraktiver ist. Es kommen Angebote von außen. Auch Fremdinvestoren zieht es nach Mönchengladbach. Noch vor fünf, sechs Jahren war die Stadt ein Markt, der sich in erster Linie selbst versorgt hat. Jetzt kommen Impulse von außerhalb. Mönchengladbach wird interessant.

RALF JÜNGERMANN UND ANGELA RIETDORF FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

(RP)
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