Mönchengladbach Das Trauma des Claus Grünberg

Mönchengladbach · Claus Grünberg hat Frau und Tochter bei einem Autounfall verloren - er saß am Steuer. Im Irrenhaus kommuniziert er ausschließlich durch die Musik Monteverdis. Kobie van Rensburg hat eine multimediale Fabel geschaffen, die den Theaterbesucher nicht unberührt lassen wird.

 Dem verzweifelten Claus Grünberg (Andrew Nolen) erscheint seine Frau Claudia (Susanne Seefing).

Dem verzweifelten Claus Grünberg (Andrew Nolen) erscheint seine Frau Claudia (Susanne Seefing).

Foto: Matthias Stutte

Wegen Claudio Monteverdi hat er eine wichtige Lateinprüfung verpasst. "Vor Prüfungen habe ich immer Musik gehört, um mich zu beruhigen", sagt Kobie van Rensburg. An diesem Tag war es Monteverdi, den er zuvor nicht kannte. "Ich konnte mich der Musik nicht entziehen, ich habe die Zeit vergessen." Damals war er 17 Jahre jung und studierte Gesang, Jura und Politik an der Universität Potchefstroom in Südafrika. Er hatte in diesem Moment sein Herz an Monteverdi verloren, den er bis heute zutiefst verehrt. Wegen Monteverdi, der als Begründer der Gattung Oper gilt, kam der südafrikanische Opernsänger und -regisseur nach Europa: "Den hätte ich in meiner Heimat nicht bringen können."

Vor einiger Zeit machte Kobie van Rensburg Operndirektor Andreas Wendholz auf den 450. Geburtstag Monteverdis (1567 bis 1643) aufmerksam. "Es hat so begeistert von dem einzigartigen Genie des Komponisten geschwärmt, dass ich gar nicht anders konnte, als ihm zuzustimmen", sagt Wendholz. Und so haben die Theaterbesucher am Sonntag das Vergnügen, die Premiere von Kobie van Rensburgs "Favola in musica" erleben zu dürfen. "Der seltsame Fall des Claus Grünberg" (deutsch für Claudio Monteverdi) heißt die in Musik gesetzte Fabel, die die Geschichte des traumatisierten Claus Grünberg erzählt. Der ist Patient in einer psychiatrischen Klinik und kommuniziert mit seiner Umwelt einzig durch die Musik Monteverdis. Sein Schicksal ähnelt dem des Komponisten, der seine geliebte Frau, die Sängerin Claudia Cattaneo, und seinen Sohn auf tragische Weise verlor. Grünberg muss den Tod seiner Frau und seiner Tochter verkraften, die bei einem Autounfall starben - er saß am Steuer. Und so ist das große Thema der Fabel "Schuld, Sühne und Strafe".

Andrew Nolen ist Claus Grünberg. Wenn Claudio Monteverdi als erster seiner Zunft Musik so verstand, dass sie in der Lage sein musste, alle nur denkbaren menschlichen Gefühle auszudrücken, dann ist Andrew Nolen derjenige, der in der Lage ist, diese mit seiner Stimme und seinem Spiel aufs Eindringlichste auszudrücken. Sein Gesicht, seine Mimik! Die Qual dieses geschundenen Menschen in seiner Trauer, seiner Not, Verzweiflung und Wut transportiert er so intensiv, dass es dem Zuschauer fast wehtut. Phantastisch auch die neuen Stipendiaten des Opernstudios, Panagiota Sofroniadou (Musica, Amor und Krankenschwester) und Alexander Kalina (Mercurio und Krankenpfleger). Tolle Stimmen, tolle Ausstrahlung. Das gilt auch für die bereits erfahrene Opernstipendiatin Agnes Thorsteins (Fortuna und Pallas Athene) und den ehemaligen Stipendiaten, jetzt fest engagierten James Park, der den Arzt spielt. Dieser erinnert Grünberg pausenlos an schöne Momente, um ihn aus der Krise zu holen.

Und dann ist da die stimmgewaltige, eindringliche Susanne Seefing als Claudia Grünberg, die ihrem Mann immer wieder erscheint, um ihn bald wieder alleine zu lassen. Wieder setzt Kobie van Rensburg multimediale Mittel ein, die das Spiel von Sein und Schein, von Realität und Fantasie stimulieren, ja, auf die Spitze treiben.

Premiere: 24. September, 20 Uhr

(isch)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort