Mönchengladbach Das sind die Problemzonen im Sport

Mönchengladbach · Borussias steigende Mitgliederzahlen freuen auch den Stadtsportbund, dem nun fast 92 000 aktive und passive Sportler angehören. Die großen Hockey- und Frauenfußballturniere haben keinen Boom ausgelöst. Dafür stellt der demografische Wandel die Verantwortlichen vor Aufgaben.

Der größte Sportverein der Stadt legt eine berauschende Bilanz vor. 52 Punkte hat Borussia bislang im Kalenderjahr 2011 eingesammelt, hat im ersten Halbjahr eine atemberaubende Rettungsaktion geschafft, ist aktuell Dritter der Bundesliga-Tabelle und wird von nicht wenigen in die Kategorie Bayern-Jäger eingeordnet.

Zudem ist die Borussen-Familie, wie Geschäftsführer Stephan Schippers gern sagt, gewachsen. 1540 Mitglieder sind dazugekommen. Das ist der Erfolgsbilanz geschuldet, wohl aber auch dem Drama im zweiten Teil der Vorsaison. Beides macht Borussia offenbar anziehend.

Borussias Plus freut auch den Stadtsportbund (SSB). Denn der hat nun 91 792 Mitglieder. Das sind 1299 mehr als im Jahr 2010. 63 875 davon sind Erwachsene, 27 917 Jugendliche, sie alle verteilen sich auf mittlerweile 217 Vereine. Das belegt die Statistik, die Schatzmeister Günter Kutschke jetzt vorlegte. Die Bilanz weist indes 46 360 passive Mitglieder aus, 41 704 sind Borussen.

Die Verschiebungen zum Vorjahr sind gering: 1728 Erwachsene (2,8 Prozent) sind dazu gekommen, dafür sind 429 Jugendliche bis 18 Jahre weggefallen (1,5 Prozent). "Das erklärt sich durch die demografische Entwicklung. Es gibt weniger Jugendliche, die zudem wechselfreudiger als früher sind, und mehr Ältere, die länger aktiv sind", sagt Bert Gerkens, Präsident des Stadtsportbundes. Insgesamt ist er mit der Bilanz zufrieden. 35,6 Prozent der 257 866 Mönchengladbacher sind im Sport organisiert. "Wir stagnieren seit Jahren auf einem hohen Niveau", resümiert Gerkens.

Doch der Chef des Gladbacher Sports liest aus dem Zahlenwerk durchaus auch Problemzonen heraus. "Welche Auswirkungen die Ganztagsschule und G8 auf den Sport haben, werden wir erst im nächsten Jahr genauer wissen", warnt Gerkens. Er weiß, dass die ausgeweiteten Schulzeiten das Zeitfenster der Jugendlichen für den Sport im Verein schrumpfen lassen.

"Das kann dramatische Auswirkungen für den Vereinssport haben." Auf diese Gefahr wies vor kurzem auch Frank Boss, der Vorsitzende des Sportausschusses, im Gespräch mit der Rheinischen Post hin und regte eine zielorientierte Gesprächskultur zwischen Sportclubs und Lehranstalten an.

Der Stadtsportbund hat diesbezüglich bereits erste Treffen organisiert."Wir haben sechs runde Tische für Schulen und Vereine gemacht, um die Leute zusammenzubringen. Aber es ist ein langer Prozess", sagt Gerkens. Er mahnt dennoch zur Eile: "Im Moment haben wir noch ein bisschen heile Welt, aber wir müssen vorbeugen." Es gebe Dellen, die künftig zu gefährlichen Löchern werden könnten.

Zumal die Struktur der Sportvereins-Landschaft in den Augen des SSB-Präsidenten problematisch ist. "Von den 217 Vereinen machen rund die Hälfte nur insgesamt fünf Prozent der gesamten Mitgliederzahl aus", sagt Gerkens. 110 Clubs haben weniger als 100 Mitglieder, 81 davon weniger als 50. Viele dieser Clubs sind Einspartenvereine. Neben Borussia haben nur sechs Vereine mehr als 1000 Mitglieder.

Auffällig ist, dass durch die großen Sportereignisse des Jahres 2011 in der Stadt, die drei Spiele der Frauen-Fußball-Weltmeisterschaft sowie die Hockey-Europameisterschaft, weder beim Mädchen- und Frauenfußball noch beim Hockey ein Boom ausgelöst wurde.

Der Hockeysport hat sogar 35 Mitglieder verloren. Bei den Fußballerinnen gibt es zwar einen kleinen Zuwachs, "aber viele Teams sind nicht wirklich leistungsstark", sagt Gerkens. So haben einige Teams für die Hallenstadtmeisterschaft der Frauen abgesagt – "weil sie sich nicht blamieren wollten".

(RP)
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