Mönchengladbach Das Olivenöl des Niederrheins

Mönchengladbach · Das Rapsöl aus der Abfüllung des Volksvereins hat mittlerweile auch die Rewe-Vertreter überzeugt, es steht bei vielen Märkten der Gruppe in den Regalen. Das Projekt trägt sich - und ist sogar noch ausbaufähig.

 Wilfried Reiners und Marion Hoch verantworten beim Volksverein die Produktion des hauseigenen Rapsöls.

Wilfried Reiners und Marion Hoch verantworten beim Volksverein die Produktion des hauseigenen Rapsöls.

Foto: Detlef Ilgner

Als Wilfried Reiners das erste Fläschchen frisch gepresstes Rapsöl mit nach Hause bringt, ist seine Mutter eher skeptisch: "Was ist das denn - Nähmaschinenöl?" Das war vor zwölf Jahren. Längst ist das Öl Bestandteil der Reinerschen Küche. Der 61-jährige Rickelrather verantwortet von Beginn an im Volksverein die Produktion des hauseigenen Rapsöls. In der ersten Zeit hätten er und seine Kollegin Marion Hoch viel "im Selbstversuch" ausprobiert und dabei unter anderem gelernt, warum es Mindestabfüllmengen auch für Rapsöl gibt: "Die Korken ploppten aus den Hälsen, und wir wussten erst nicht warum."

Zudem haben Zufälle den Erfolg des Volksverein-Rapsöls beflügelt. So konnte Reiners im Rahmen von "MG fair trade" die Vertreter von Rewe überzeugen. Bis aber die erste Flasche in den Regalen der regionalen Märkte (auch anderer Anbieter) stand, galt es zunächst eine aufwendige Zertifizierung durchzustehen. Sie hat ein gutes halbes Jahr gedauert und wurde erst vor kurzem abgeschlossen: "Für uns ein echter Meilenstein." Nun seien Struktur und System in die Abläufe gebracht worden. Der Betriebsleiter erinnert sich: "Vorher hatten Gott und Jedermann Zutritt zu der Abfülleinrichtung. Von einem Tag auf den anderen mussten die Beschäftigten umlernen." Nun sei zudem das Anlernen leichter: "Wir haben es als Volksverein ja immer auch mit wechselnden Mitarbeitern zu tun."

Raps-Lieferant ist die Voreifeler Genossenschaft Buir-Bliesheim. Sie bescheinigt, dass es sich tatsächlich um heimischen Raps handelt. Im Volksverein wird dann die Feuchte gemessen, die einen bestimmten Grad nicht überschreiten darf. "Mit dem Auge" wird zudem eine erste Qualitätssichtung durchgeführt. Ab da läuft zunächst alles automatisch: Angesaugt aus einem vier Tonnen fassenden Silo gelangt der Rapssamen über eine Leitung in die Mühle. Dort wird er gequetscht. Das Öl fließt weiter in vier nacheinander geschaltete Trichter, die immer kleiner werden. Dort setzen sich die Sedimente ab: "Wir benutzen keine Filter. Das macht unser Rapsöl so besonders." Das Ganze dauert fünf Tage. Schließlich kommt das reine Salatöl von Hand in die Flaschen.

Die Herstellung geschieht nicht nur in einem hermetisch abgeschlossenen Kreislauf, der Qualität und Hygiene garantiert. Die Anlage ist auch durch eine Alarmanlage gesichert, "damit niemand von außen den Rapssamen manipulieren kann." Selbstverständlich werden auch die angelieferten Flaschen auf Bruch oder Feuchtigkeit kontrolliert, "damit nicht etwa Glassplitter ins Öl gelangen." Das Abfüllen unter Vakuum haben sich die Macher vom Volksverein von den Winzern abgeschaut. Hört man Reiners zu, drängt sich ohnehin bald das Gefühl auf, der An- und Ausbau von Rapsöl ist mit dem von Wein zu vergleichen: "Der Raps aus der Eifel wächst auf Schieferböden. Das tut der Qualität gut. Die niederrheinischen Böden eignen sich eher nicht dazu. Dieser Raps wird eher als Zusatz für Biodiesel angebaut." Reiners ist über die Zeit zum Rapsölexperten geworden: "Es eignet sich perfekt für die kalte Küche, aber auch Bratkartoffeln oder Reibekuchen gewinnen. Es ist zudem gesünder als Olivenöl." Zu den Nutznießern des Volksvereinprojekts zählen nicht nur die Gaumen der Genießer. Viel wichtiger sei, dass die Mitarbeiter, die das Rapsöl für die gemeinnützige Gesellschaft gegen Arbeitslosigkeit mbH herstellen, spüren, ihre Arbeit wird gebraucht: "Wenn das Lager leer ist, sehen sie buchstäblich: Mein Produkt ist gefragt." Produziert wird das ganze Jahr über: "Und zwar immer frisch. Wir haben in unserem 1000-Liter-Tank kaum Reserven. Wir garantieren so auch eine Haltbarkeit unseres Öls von zehn Monaten."

Da die Abfüllung in Geistenbeck in einem Mischgebiet liegt, könnte die Ölmühle rund um die Uhr laufen. Mit Reiners' Worten: "Das Projekt trägt sich, ist aber noch ausbaufähig." Druck durch Mitbewerber spürt er nicht: "Es gibt keine soziale Einrichtung, die Ähnliches anbietet. Und mit den großen Ölmühlen können und wollen wir nicht mithalten." Die, und diese Bemerkung erlaubt er sich dann doch, seiner Meinung nach nicht an die Qualität des Volksverein-Öls heranreichen. Erfreuliche Schützenhilfe bekommt er dabei durch unabhängige Tester.

Die Qualifizierung nach dem Standard der Rewe-Gruppe hat sich nach Einschätzung des Betriebsleiters doppelt gelohnt: "Die Wirkung nach innen ist enorm. Wir werden die Erkenntnisse aus dem Prozess auf andere Bereiche ausdehnen. Zum Beispiel auf alles, was mit unsere Küche zu tun hat." Derzeit wird das Äußere der Ölflaschen überarbeitet, um noch deutlicher die Verbindung herauszustellen: etwas Gutes nutzen und zugleich Gutes tun.

www.volksverein.de

(akue)
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