Mönchengladbach Das muss im Busnetz alles besser werden

Mönchengladbach · Zu langsam, zu unkoordiniert, falsch getaktet: Eine neue Studie zeigt die Defizite des ÖPNV auf und macht Verbesserungsvorschläge. Bis März soll ein neues Linienkonzept stehen, im September werden die Bürger befragt.

"Bemerkenswert spät" - dieser spitzzüngige Euphemismus findet sich in einer neuen Vorstudie zum Nahverkehrsplan, die das Busliniennetz seziert und kommende Woche in den Bezirksvertretungen vorgestellt wird. "Bemerkenswert spät" nämlich beginne das Fahrtenangebot an Sonn- und Feiertagen, konkret um 8.45 Uhr, während vergleichbare Städte wie Chemnitz (5 Uhr), Braunschweig (5.30 Uhr) und Gelsenkirchen (6 Uhr) deutlich früher loslegen. Dies ist nur eine von zahlreichen Feststellungen, die dem System insgesamt, nennen wir es mal, erhöhtes Entwicklungspotenzial bescheinigen.

Mit anderen Worten: Das Liniennetz ist ziemlich verheddert, doch schon bald soll es entzerrt und neu geknüpft werden. Auf Basis der Vorstudie der Kasseler Büros Plan:Mobil und Mathias Schmechtig NahverkehrsConsult sowie einer Bürgerbefragung (für vier Wochen im September geplant, online sowie an öffentlichen Stellen auch in Papierform) soll bis Ende März 2016 ein neues Linienkonzept stehen, bis Mitte 2017 ein beschlossener, neuer Nahverkehrsplan vorliegen. Der bisherige stammt von 1997 und ist erklärtermaßen nicht mehr zeitgemäß. Und diese Handlungsempfehlungen macht die Vorstudie:

Starke Achsen herausarbeiten. Vor allem im zentralen Bereich zwischen Gladbach und Rheydt fanden die Ersteller der Studie unübersichtliche Netzstrukturen vor, Linien, die unnötige Umwege fahren, aber auch verwirrende Linienüberlagerungen. In den Randlagen stießen sie wiederum auf uneinheitliche Linienführungen zu den Fahrplanlagen. Starke Achsen im Zehn-Minuten-Takt könnten Abhilfe schaffen, ebenso eine verbesserte Abstimmung mit dem Schienenverkehr. Stadtteile wie Odenkirchen, Geistenbeck, Hockstein, Mülfort, Schelsen und Rheindahlen-Land würden von einer verbesserten Erreichbarkeit der Bahnhöfe profitieren. Auch auf andere "Verkehrserzeuger" (benachbarte Zentren, Flughafen, etc.) müsse man sich stärker fokussieren.

Tangentiale Verbindungen stärken. Mitnichten ein Widerspruch zur ersten Handlungsempfehlung - vielmehr eine Folge daraus. Weil das Liniennetz zumeist sternförmig auf die Zentren Gladbach und Rheydt zuläuft, sind "tangentiale", daran vorbeiführende, Verbindungen oft von langen Fahrzeiten und Umsteige-Zwängen geprägt. Geistenbeck etwa leidet unter besonders langen Reisezeiten. Folge: Wer mit dem Bus viel länger braucht als mit dem Auto, fährt wohl oder übel Auto.

Wohn- und Gewerbegebiete besser anbinden. Während zentrale Bereiche und Siedlungsschwerpunkte als gut angebunden gelten, besteht bei etlichen Wohn- und Gewerbegebieten Nachholbedarf - umso mehr am Wochenende. Mal bedarf es zusätzlicher Haltestellen oder Linienänderungen; wo dies nicht wirtschaftlich erscheint, könnten (weitere oder größere) Fahrradabstellanlagen Erschließungsdefizite kompensieren.

Auf Mobilitätsbeziehungen reagieren. Die Studie stellt heraus, welche Wege die Gladbacher innerstädtisch tagtäglich zurücklegen - und identifiziert 15 solcher "Relationen", die zugleich einen unterdurchschnittlichen ÖPNV-Anteil aufweisen, weil das Angebot dünn ist. So gibt es täglich 3400 Wege von Venn nach Eicken, aber nur zwei Prozent werden über den Nahverkehr abgewickelt. Pendlerströme gehören berücksichtigt, ebenso demografische Entwicklungen: Wenn sich etwa Schülerströme markant verändern oder eine große Firma schließt, muss der ÖPNV darauf reagieren.

Überkapazitäten abbauen. Gerade in den Randgebieten gibt es Abschnitte, die eine geringe Fahrgastnachfrage aufweisen, aber dennoch alle 20 Minuten angefahren werden - unnötig, sagt die Studie. Auch ist die Auslastung zu unterschiedlichen Tageszeiten so markant unterschiedlich, dass sich mit darauf angepassten Fahrzeuggrößen und Taktfolgen reagieren ließe.

(RP)
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