Stadtschützenfest 2011 Das gab's noch nie in 175 Jahren

Mönchengladbach · Beim Jubiläumstadtschützenfest fiel der Vogel wie von Geisterhand, waren die Bärenfell-Mützen der Briten bunt und ein Pferd zu temperamentvoll. Viele kamen mit Zylinder – und Schirm. Der wurde aber kaum gebraucht.

Die große Schützenparade 2011 in Mönchengladbach
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Beim Jubiläumstadtschützenfest fiel der Vogel wie von Geisterhand, waren die Bärenfell-Mützen der Briten bunt und ein Pferd zu temperamentvoll. Viele kamen mit Zylinder — und Schirm. Der wurde aber kaum gebraucht.

Es war ein fast unwirklicher Moment auf dem Kapuzinerplatz. Robert Grabisch, Schützenkönig aus Dahl, trat ans Gewehr, nahm den Vogel durchs Zielrohr genau ins Visier — und der zerfiel in mehrere Stücke. Nur geschossen hatte Grabisch nicht. Und als sich die allgemeine Konfusion über das Geschehen gelegt hatte, war klar: Der neue Bezirkskönig heißt Jörg Pauen und kommt aus Kleinenbroich.

Denn er war der Letzte, der auf den Vogel geschossen hatte. Und auch wenn der erst 90 Sekunden später herunterkrachte — Pauen hatte dem schwer angeschlagenen Holztier eindeutig den Rest gegeben. "Genauso ist auch mein erster Vogel gefallen. Es war das gleiche Beuteschema", erklärte die neue Bezirksmajestät, die erstmals überhaupt aus Kleinenbroich kommt.

Nach der Krönung durch Weihbischof Heiner Koch war der König von Parade und Umzug am Sonntag überwältigt: "Absolut atemberaubend." 2500 Schützen und Musikkapellen waren vor Tausenden Besuchern zu Ehren der Majestät aufmarschiert.

Pauens Vogelschuss war der erste Paukenschlag des Stadtschützenfestes, das genau 175 Jahre nach dem allerersten in Gladbach gefeiert wurde. Und es sollte nicht der letzte bleiben. Für den unumstrittenen musikalischen Höhepunkt sorgte die "Band of The Irish Guards".

Sie hatten ihren Auftritt vor vier Monaten schon mal geprobt: Bei der Hochzeit von William und Kate in London, wo sie aufspielten. Prinz William ist seit Februar Ehrenoberst der Irish Guards. "Darauf sind wir sehr stolz", erklärte der gut gelaunte Major Wayne Hopla, Chef der Band, die im Buckingham Palast in London stationiert ist. "Ich war sieben Jahre in Celle und Osnabrück stationiert. Ich kenne Schützenfeste nur zu gut. Es ist herrlich, für die Menschen in Deutschland zu spielen."

Wo immer die Kapelle mit den roten Uniformen und Bärenfellmützen in der Stadt auftauchte, gab es spontanen Applaus und Bewunderung für das exakte Spiel der Profi-Musiker. Und es gab fragende Blicke. Türkis an einer schwarzen Bärenfell-Mütze? "Die Feder in St. Patrick's-blue ist eines der Erkennungszeichen der fünf Regimenter der Irish Guards", behob Major Hopla alle Unklarheiten.

Bewundernde Blicke gab es auch für die definitiv am besten gekleideten Menschen des Wochenendes: Ob die Biedermeier-Kleider von Monika und Sabine Bartsch, der blinkende Brustpanzer des Landtagsabgeordneten Michael Schroeren oder die Fracks mit Zylinder der Truppe der Lokalprominenten — die Reminiszenz an das Schützenfest von 1836 glückte optisch hervorragend. Und sie war ansteckend. Am Sonntag wurde ohne jede Frage die größte Zylinder-Dichte aller Zeiten auf der Hindenburgstraße verzeichnet.

Volksbank-Chef Lothar Erbers, der die Parade als General beim Oberbürgermeister anmeldete, lieferte sich ein prächtiges Wortscharmützel mit Norbert Bude. Die Stimmung der Truppe sei so prächtig, berichtete General Erbers, dass Bude doch mal bei Bezirksbundesmeister Horst Thoren nachfragen sollte, wie man so etwas hinbekommt. Schließlich könnten Politik und Verwaltung so eine Stimmung auch mal gebrauchen. Bude entgegnete: "Das Rezept scheint mir denkbar einfach: Freibier für alle."

40 000 Zuschauer, die insgesamt an den beiden Tagen zum Stadtschützenfest kamen, amüsierten sich bestens und freute sich, dass sie die Schirme bis auf ein paar Minuten steckenlassen konnten. Nordsee-erfahrene Zuschauer resümierten nach der Parade: "Das waren doch nur ein paar Schönwettertropfen."

Stürmisch wurde es trotzdem. Und zwar in der Kutsche, in der die NVV-Vorstände Friedhelm Kirchhartz und Dr. Rainer Hellekes, RP-Karikaturist Nik Ebert und Sabine Bartsch saßen. Ein Pferd bockte und drohte durchzugehen. Darum setzte die Besatzung ihren Weg zu Fuß fort, die Kutsche wurde aus dem Zug genommen.

Pechvogel des Schützenfestes war ein anderer: Robert Grabisch, vor dessen Flinte der Vogel am Samstag gefallen war. "Ich habe das durch das Zielfernrohr nicht richtig gesehen", sagte er. Tags drauf war das vergessen: Er salutierte vor dem neuen Bezirkskönig Jörg Pauen.

(RP)
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