Mönchengladbach Das Dilemma der Sozialdemokraten

Mönchengladbach · Gülistan Yüksel, Hans-Willi Körfges und Felix Heinrichs wollten beim Politischen Aschermittwoch eigentlich über die Situation in Gladbach sprechen. Aber die Ereignisse in Berlin konnten sie nicht unkommentiert lassen.

 Trotz Querelen in der Bundes-SPD: Bei Gladbachs Sozialdemokraten ist die Stimmung gut: Landtagsabgeordneter Hans-Willi Körfges, Bundestagsabgeordnete Gülistan Yüksel und Fraktionsvorsitzender Felix Heinrichs (v.l.).

Trotz Querelen in der Bundes-SPD: Bei Gladbachs Sozialdemokraten ist die Stimmung gut: Landtagsabgeordneter Hans-Willi Körfges, Bundestagsabgeordnete Gülistan Yüksel und Fraktionsvorsitzender Felix Heinrichs (v.l.).

Foto: arie

Es ist zurzeit nicht so ganz einfach, Sozialdemokrat zu sein, auch in Mönchengladbach nicht. "Wir haben es uns nie leicht gemacht", sagt die Bundestagsabgeordnete Gülistan Yüksel. Er habe gehofft, dass das aktuelle Theater in Berlin Teil einer grandiosen Karnevalsveranstaltung sei, gibt SPD-Fraktionsvorsitzender Felix Heinrichs zu. Und Hans-Willi Körfges, für die SPD im Düsseldorfer Landtag, spricht von unsäglichen Personaldebatten.

Eigentlich hatten sich die Mönchengladbacher Sozialdemokraten beim politischen Aschermittwoch mit Politik vor Ort und der nächsten Kommunalwahl beschäftigen wollen, aber der Frage "GroKo ja oder nein" konnten sie nicht aus dem Weg gehen.

Hans-Willi Körfges formulierte in seiner Rede seine Bedenken gegen den Koalitionsvertrag. Er sieht weder die Arbeitnehmerrechte ausreichend geschützt ("Die Vereinbarung bietet nicht mehr Sicherheit für Berufseinsteiger") noch kann er sich mit dem Kompromiss zum Familiennachzug anfreunden. "Das ist der Teil, wo ich nicht mitmachen kann", sagt er. "Das tut mir in der sozialdemokratischen Seele weh." Den Nachzug von tausend Familienangehörigen pro Monat zu erlauben, wenn gleichzeitig tausend andere das Land verlassen müssten, könne er mit seinen Werten nicht vereinbaren.

Felix Heinrichs sieht im Koalitionsvertrag wichtige Punkte wie Parität in der Krankenversicherung, Mindestrente nach 35 Beitragsjahren oder bessere Integration von Langzeitarbeitslosen verankert. Aber er fragt: "Glaubt irgendjemand, dass sich die Zahl unserer Wähler wieder steigert, wenn wir nur möglichst viele Einzelprojekte umsetzen?" Die SPD habe kein Liefer-, sondern ein Glaubwürdigkeitsproblem. Neben der faktischen Obergrenze für Flüchtlinge und der fehlenden Veränderung bei der Vermögensbesteuerung kritisiert er die Personalauswahl der CDU und sagt tägliche Konflikte mit "Orban-Freund Seehofer" voraus. Er gesteht den Verhandlungsführern in Berlin allerdings zu, viele Ministerposten für die SPD herausgeholt zu haben. "Ich werde von der Mönchengladbacher CDU schon aufgefordert, gegen die GroKo zu stimmen", stellt er unter dem Gelächter der Genossen fest.

Denn immerhin: Die SPD-Mitglieder werden gefragt. Das oft kritisierte Verfahren ist für beide Redner Grund zum Stolz. "Macht euch ein genaues Bild, bewertet die Lage und trefft eine Entscheidung", fordert Heinrichs die Parteimitglieder auf. Und Körfges erklärt: "Zum Selbstverständnis der SPD gehört auch die Beteiligung der Partei, der offene Dialog über unsere Ziele und den Weg zu ihrer Umsetzung." Das sei kein Zwergenaufstand, sondern gelebte Demokratie.

Ein bisschen geht es beim politischen Aschermittwoch dann aber doch noch um die Politik in der Stadt, wo die SPD ja sehr reibungslos mit der CDU in einer "Gestaltungsmehrheit" genannten GroKo zusammenarbeitet. In der Bildungspolitik propagiert Heinrichs ein Zwei-Säulen-Modell aus Gymnasien und Gesamtschulen, stellt aber fest: "Dafür gibt es in Mönchengladbach noch keine Mehrheit." Aber mehr Gesamtschulplätze will die SPD schaffen, nämlich durch die Erweiterung der Gesamtschulen Volksgarten und Neuwerk. Außerdem fordert der SPD-Fraktionsvorsitzende einen sozialen Arbeitsmarkt in der Kommune, "wo all die Beschäftigungsmöglichkeiten finden, die auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt nicht mehr zurechtkommen." Mit Blick auf die Kommunalwahlen in zweieinhalb Jahren fordert er, die Querelen im Bund durch eigene Stärke vor Ort auszugleichen. Und dann dürfen die versammelten Sozialdemokraten ans Buffet, bevor sie sich Ende Februar Gedanken zum Koalitionsvertrag machen müssen.

(RP)
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