Mönchengladbach Darum kommt die "Spange" nicht

Mönchengladbach · Zu teuer, schlecht für die Umwelt, verkehrlich nicht nötig: Die Stadt will keine neue Straße zwischen Kaldenkirchener Straße und Franziskushaus. Eine schlechte Nachricht für die Anwohner Helenabrunns und des Schürenwegs.

Wenn Anja Bürkel durch Helena-brunn fährt, kriegt sie von Anwohnern schon mal den Vogel gezeigt —obwohl sie eigentlich Nachbarn sind. Jedoch fährt Bürkel einen Firmenwagen mit Gladbacher Kennzeichen und zählt damit auf den ersten Blick zu den "gefühlt 70 Prozent Auswärtigen", die die schmale Verbindung über Heimer- und Helenenstraße in dem südlichen Ortsteil von Viersen nutzen.

Diese wird seit jeher als Schleichweg zum an der Stadtgrenze liegenden Krankenhaus St. Franziskus missbraucht, bis zu 2500 Fahrzeuge wälzen sich täglich darüber. Anwohner wie Anja Bürkel fürchten, dass es noch mehr werden, wenn die Erweiterung der Klinik abgeschlossen ist. Und sie sind dementsprechend auf dem Baum — auch weil weder Tempo-30-Schilder noch die Einrichtung einer Durchfahrtszone nur für Anlieger spürbare Linderung gebracht haben. Das Grundproblem: Neben dem Gladbacher Schürenweg, dessen Anwohner seit Jahr und Tag mit ähnlichen Problemen kämpfen, bildet Helenabrunn die einzige Querverbindung zwischen Kölnischer/Kaldenkirchener Straße im Osten und Gladbacher/Viersener Straße im Westen.

Schon im Frühjahr bekannt

Eine neue Straße, die parallel zur A 52 als "Querspange" von der Kaldenkirchener Straße über das Gelände der Niederrheinkaserne zur Klinik führt, könnte die Lösung sein — das wurde den Viersener Politikern und Bürgern von der Verwaltung zumindest am Dienstag im Ordnungs- und Straßenverkehrsausschuss vermittelt. Gladbach plane diese Spange, und diese werde sich auch positiv für Helenabrunn auswirken. Dumm nur, dass zeitgleich in Gladbach die Bezirksvertretung Nord tagte — und dort Verkehrsplaner Martin Scheel vortrug, warum es diesen Straßenneubau aus Verwaltungssicht ganz bestimmt nicht geben wird.

Die Gründe seien so vielschichtig, sagte Scheel, dass die "erheblichen" Kosten für das Projekt nicht einmal geschätzt worden seien. Zunächst einmal gebe es keinen verkehrlichen Bedarf. Bereits im Frühjahr hatte die Verwaltung auf einen Antrag von 17 Einzelpersonen und Gruppen, darunter die Interessengemeinschaft Schürenweg, mitgeteilt, dass ein Verkehrsplanungsbüro den vorhandenen Straßen eine ausreichende Kapazität bescheinigt hat, auch nach Erweiterung des Krankenhauses. "Auch die Bedenken der Stadt Viersen wurden hierbei berücksichtigt", hieß es seinerzeit. Ob die Kapazität aber auch seit Einrichtung der Anlieger-Durchfahrtszone in Helenabrunn noch zufriedenstellend ist, kam dabei nicht zur Sprache.

Anschließend führte Scheel eine Reihe von negativen bis vollständig ablehnenden Stellungnahmen an, die einen Straßenneubau unwahrscheinlich erscheinen lassen. Der Fachbereich Umweltschutz und Entsorgung sowie die Untere Wasserbehörde mahnen demnach an, dass die Straße komplett durch eine Wasserschutzzone und das Landschaftsschutzgebiet Nordwald/Jahrhundertwald verlaufen würde, unter anderem mit streng geschützten Vorkommen von Steinkäuzen und Kammmolchen. Zudem würde die Fläche "in ihrer Qualität als Frischluft-Entstehungsgebiet gemindert". Der Fachbereich Bauordnung und Denkmalschutz weist auf ein geschütztes Bodendenkmal in dem Bereich hin, eine mittelalterliche Landwehr an der Stadtgrenze. Die Untere Bodenschutzbehörde prognostiziert für den Fall eines Neubaus hohe Entsorgungskosten für im Boden nachgewiesene Schadstoffe.

Gladbachs Technischer Beigeordneter Andreas Wurff zieht aus all dem das Fazit, dass eine Realisierung der Straße und ein Eingriff in die Umwelt nicht zu vertreten seien. Eine Lösung der Probleme für die Anwohner ist damit weiterhin fern. "Wir wollen keine Lösung auf Kosten der Leute vom Schürenweg, sondern eine, die allen hilft", sagt Anja Bürkel. Bei den Bürgern ist die Einsicht, dass es nur gemeinsam geht, also schon da. KOMMENTAR

(RP/jt)
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