Mönchengladbach Crash mit Polizeiauto - wer zahlt?

Mönchengladbach · Nach einem Zusammenstoß mit einem Einsatzfahrzeug, das mit Blaulicht und Martinshorn unterwegs war, streitet eine Frau vor Gericht um die Unfallkosten. Kein Einzelfall. Denn Warnsignale und Sonderrechte sind kein Freifahrtschein.

 Auch ein Unfall bei einer Einsatzfahrt: Am 4. Juli kollidierte ein Streifenwagen mit einem weiteren Auto auf der Theodor-Heuss-Straße. Dabei wurden zwei Menschen verletzt. Auch in diesem Fall läuft ein Verfahren.

Auch ein Unfall bei einer Einsatzfahrt: Am 4. Juli kollidierte ein Streifenwagen mit einem weiteren Auto auf der Theodor-Heuss-Straße. Dabei wurden zwei Menschen verletzt. Auch in diesem Fall läuft ein Verfahren.

Foto: Theo Titz

Nähert sich ein Rettungsfahrzeug oder ein Polizeiauto mit Blaulicht und Martinshorn, heißt das für die anderen Verkehrsteilnehmer: Platz machen. Denn hier geht es um Notfälle. Deshalb gibt es für Polizei-, Rettungs- und Feuerwehrfahrzeuge, die sich im Einsatz befinden, Sonderrechte. Verkehrsteilnehmer, die ihnen nicht weichen, haften. Doch das gilt offensichtlich nicht immer.

Eine Autofahrerin, die am 18. Februar 2013 mit ihrem Pkw an einer Kreuzung in Waldhausen mit einem Streifenwagen im Einsatz zusammenstieß, streitet derzeit vor Gericht um die Unfallkosten. Das Amtsgericht hatte sich bereits mit dem Fall befasst. Jetzt ging es vor der 5. Zivilkammer des Mönchengladbacher Landgerichts weiter.

In dem Zivilverfahren vor dem Amtsgericht war bekannt geworden, dass die Autofahrerin damals an der Ampel "Grün" hatte und der dazukommende Polizeiwagen mit Blaulicht und Martinshorn bei "Rot" in die Kreuzung eingefahren war. Der Funkstreifenwagen soll mit 20 bis 25 km/h unterwegs gewesen sein, die Pkw-Fahrerin mit Tempo 40 bis 45. Das Amtsgericht hat in einem Vergleich beschlossen, dass die Klägerin 75 Prozent und das beklagte Land NRW 25 Prozent der Kosten übernehmen soll. Dagegen hatte die Klägerin Berufung eingelegt.

Noch gibt es keine Entscheidung, aber möglicherweise bekommt die Autofahrerin Geld vom Land - und zwar mehr, als gedacht. Denn die 5. Zivilkammer hält eine Schadensquote für angemessen, nach der die Klägerin 40 Prozent und das Land 60 Prozent zu tragen hätte. Nach dieser Berechnung müsste das Land 1042 Euro an die Autofahrerin zahlen.

Im Gerichtssaal 107 wurde erklärt, dass die Polizei bei Rotlicht an der Ampelanlage "mit zu hoher Geschwindigkeit" in die Kreuzung eingefahren sei. Trotz der Sonderrechte, die ein Funkstreifenwagen im Einsatz hat, bleibe die Besatzung an die Verkehrsregeln gebunden. Auch wenn die anderen Verkehrsteilnehmer freie Bahn schaffen müssten, so die Argumente im Gerichtssaal. Der Fahrer des Polizeiwagens müsse sich versichern, dass sämtliche Verkehrsteilnehmer ihn bemerkt und reagiert haben. Ansonsten müsse sich der Funkstreifenwagen im Schritttempo bewegen und dürfe sich in die Kreuzung nur "hineintasten".

Diesen Sorgfaltspflichten sei die Fahrerin des Funkstreifenwagens nicht nachgekommen, wurde in der Verhandlung gerügt. Mit 20 km/h sei sie zu schnell gefahren. "Da kann man ja fast nebenher laufen", befand der Anwalt des beklagten Landes NRW. Zugleich wurde kritisch angemerkt, dass sich auch die Klägerin mit ihrem Auto trotz des für sie wahrnehmbaren Martinshorns der Kreuzung mit einer Geschwindigkeit von 40 bis 45 km/h genähert habe. Trotzdem sei das Vorfahrtsrecht der Klägerin damit nicht erloschen, so das Gericht. Eine Entscheidung soll am 1. September 2015 verkündet werden.

(RP)
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