Mönchengladbach Chaos im Schilderwald

Mönchengladbach · Fast 10000 Euro zahlt die Stadt, um mutwillig beschädigte Verkehrsschilder zu ersetzen. Immer häufiger werden wichtige Hinweise von Unbekannten überklebt. Die Stadt kann dann keine Strafgelder einfordern.

 Ein Straßenwärter packt ein neues Verkehrsschild in seinen Wagen. Auch in Gladbach gibt's Erneuerungsbedarf.

Ein Straßenwärter packt ein neues Verkehrsschild in seinen Wagen. Auch in Gladbach gibt's Erneuerungsbedarf.

Foto: ddp, ddp

Fast 10 000 Euro zahlt die Stadt, um mutwillig beschädigte Verkehrsschilder zu ersetzen. Immer häufiger werden wichtige Hinweise von Unbekannten überklebt. Die Stadt kann dann keine Strafgelder einfordern.

Der Lkw-Fahrer war sauer. Ein Knöllchen der Stadt flatterte ihm ins Haus, weil er außerhalb der Lieferzeiten ein Geschäft am Alter Markt angefahren hatte. "Ich zahle nicht. Nirgendwo stand, wann ich anliefern dufte", protestierte er. Als sich Stadt-Mitarbeiter die Situation anschauten, mussten sie dem Mann Recht geben. Ein Verkehrsschild gab zwar Lieferzeiten an, aber niemand konnte sie entziffern: Aufkleber waren so platziert, dass die Zeit nicht zu erkennen war. "Keine Chance, wir mussten das Verfahren einstellen", sagt Reinhold Gerhards (57). Worüber sich der Lkw-Fahrer freut, darüber ärgert sich der Vize-Leiter des Amtes für öffentliche Ordnung: "Jährlich müssen wir rund 10 000 Euro ausgeben, um willkürlich beschädigte Verkehrsschilder zu ersetzen."

Plakat auf Verkehrsschild

Es sind längst keine Dumme-Jungen-Streiche mehr, die Gerhards so viel Kummer machen. Das Bewusstsein, dass Verkehrsschilder vorrangig verkehrslenkenden Charakter haben, scheint viele nicht zu stören, sie mit allen möglichen Aufklebern zu drapieren. Jüngst hatte eine Discotheken-Betreiberin sogar ein Fußgängerzonen-Schild mit einem großen Plakat bekleben lassen, das auf eine Veranstaltung in ihrem Lokal hinwies. Als die Polizei das Plakat abzog, war der Lack darunter erheblich beschädigt. Gerhards: "Das kostete rund 500 Euro. Zum Glück war uns hier der Verursacher bekannt." Das ist aber in den seltensten Fällen so. "Wer die Schilder beklebt, denkt nicht daran, dass die Autofahrer durch die Aufkleber verunsichert werden. Da kann dann schnell mal etwas passieren."

Dass es in Gladbach zu viele Straßenschilder gibt, glaubt Gerhards nicht: Seit fast zehn Jahren verschwinden Verkehrszeichen vom Straßenrand, wenn sie überflüssig sind. "Wir haben 183 Tempo-30-Zonen. Da sind fast alle Schilder weg, die die Vorfahrt regelten und ein Durchfahrtsverbot aussprachen", sagt Gerhards. Wenn's nach ihm ginge, könnten weitere der insgesamt 25 000 Verkehrszeichen abgeschraubt werden: "Es gibtSchilder, die auf Ladezonen von Firmen hinweisen, die nicht mehr existieren. Oder auf personenbezogene Parkplätze von Behinderten, die weggezogen sind." Kann sich Gerhards Gladbach ohne Schilderwald vorstellen — so wie es andere Kommunen probieren? "Nein", sagt er, "das ist in einer Großstadt nicht zu verwirklichen."

(RP)
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