Mönchengladbach Bundestagskandidat Gerd Brenner (Grüne)

Mönchengladbach · Es hat zwar gute 60 Jahre gedauert – aber nun will Dr. Gerd Brenner doch noch wahr machen, was die Hebamme kurz nach seiner Geburt prophezeite: "Der Junge wird Politiker."

 Gerd Brenner, Bundestagskandidat der Grünen, holte 8,3 Prozent der Erststimmen. Er wäre schon mit fünf Prozent zufrieden gewesen.

Gerd Brenner, Bundestagskandidat der Grünen, holte 8,3 Prozent der Erststimmen. Er wäre schon mit fünf Prozent zufrieden gewesen.

Foto: Detlef Ilgner

Es hat zwar gute 60 Jahre gedauert — aber nun will Dr. Gerd Brenner doch noch wahr machen, was die Hebamme kurz nach seiner Geburt prophezeite: "Der Junge wird Politiker."

Genau zehn Minuten vor Schließung der Wahllokale bei der allerersten Bundestagswahl kam Gerd Brenner in Betzdorf an der Sieg zur Welt, weswegen seine Mutter verständlicherweise nicht ihre Stimme abgeben konnte. Nun, mit 60 Jahren, tritt Brenner selbst zur Bundestagswahl an, als Kandidat für die Grünen.

Zwar ist dies seine erste Kandidatur, doch politisch engagiert ist der Gymnasiallehrer und Fachbuchautor seit langem. Was bei seinem Abiturjahrgang nicht weiter verwunderlich ist: 1968. "Mit Robert Kennedy, Martin Luther King und Rudi Dutschke wurden unsere Leitfiguren binnen weniger Wochen erschossen", erinnert sich Brenner. Darum seien er und viele seiner Freunde in dieser Zeit hoch politisiert gewesen. Engagiert haben sie sich bei der Katholischen Studenten Jugend (KSJ), wie so viele spätere Grüne, die aus gut bürgerlichen Elternhäuser stammen. "Ich habe mich darüber mal mit Michael Vesper unterhalten. Unsere Biographien sind an vielen Punkten ähnlich", erzählt Brenner.

Auf der Realo-Seite

So war er denn, als einst Fundis und Realos um die Vormacht bei den Grünen stritten, auf der Realo-Seite. "Auf Befindlichkeitsexzesse in unserer Partei habe ich immer allergisch reagiert." Wenn Brenner heute Eltern seiner Freunde zu Allerheiligen auf dem Friedhof trifft, blicken alle gemeinsam versöhnlich auf die 68er-Umbruchzeiten. Der Lehrer hält die Grünen für wertorientiert und daher schwarz-grüne Bündnisse für eine interessante Option. Im Empfinden um soziale Gerechtigkeit gebe es aber die größeren Schnittmengen mit der SPD.

Die beiden großen Parteien hätten vieles richtig entschieden — "aber oft zehn Jahre zu spät". So hält Brenner weniger die Frage für interessant, wer rechts und wer links zu verorten ist, sondern die Frage, wer vorausdenkt. "Die Grünen sind die politische Avantgarde und taugen deshalb nicht zur Volkspartei", sagt Brenner.

Neben seiner Familie — Frau Gabi ist Vortstandsprecherin der Grünen in Mönchengladbach, die beiden Töchter sind ebenfalls in der Partei aktiv — verfolgen wohl Brenners Schüler seinen Wahlkampf am aufmerksamsten. Seine Sechstklässler am Schwalmtaler Gymnasium fragten den Deutsch- und Englisch-Lehrer schon mehrfach: "Sind Sie denn jetzt schon in den Bundestag gewählt?" Ist er nicht — und wird er auch nicht. Denn Brenner steht nicht auf der Reserveliste. Und wird darum ab Herbst wieder unterm Apfelbaum im heimischen Garten an seinen nächsten Fachbüchern für den Deutsch-Unterricht arbeiten können.

(RP)
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