Mönchengladbach Bürger machen Radwegekonzept selbst

Mönchengladbach · Von 139 Kilometern Radwegen haben 51 nicht die erforderliche Mindestbreite. Einen Radwegeplan gibt es nicht, obwohl ihn die Stadt seit Jahren verspricht. Mönchengladbach gilt als fahrradfeindlich. Dabei steigen immer mehr Gladbacher aufs Rad.

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Foto: dpa/Tobias Hase

Wenn es um nationale Rankings geht, schneidet Mönchengladbach nicht so gut ab. Zu viele Alleinerziehende, zu viele Hartz-IV-Empfänger, zu hohe Schulden — die Stadt kommt oft schlecht weg. Jetzt schlägt sich Mönchengladbach endlich einmal verhältnismäßig gut: Eine bundesweite Studie bescheinigt der Stadt, beim Fahrradklau besonders sicher zu sein.

Nahezu bedenkenlos könne man in Mönchengladbach das Fahrrad abstellen, hieß es da. Das kann mehrere Gründe haben. Zum Beispiel den Grund, dass die Polizei hier den Langfingern wenig Chancen gibt. Oder dass die Gladbacher ihr Rad gut sichern. Oder dass die Räder in so einem schlechten Zustand sind, dass kaum ein Fahrraddieb zugreift.

Die Ursache ist vermutlich eine ganz andere: In Mönchengladbach sind im Vergleich zu anderen Städten viel zu wenige Fahrradfahrer unterwegs. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) hat Anfang des Jahres in seinem Fahrradklima-Test 2012 der Stadt Mönchengladbach ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt und sie unter 38 Großstädten auf Platz 36 platziert. Und weil dieses Städteranking vom Bundesverkehrsministerium gefördert wird, hat es politisch einen vergleichsweise hohen Stellenwert.

Dazu passt, dass die Stadt sich sehr schwer damit tut, endlich einen Radwegeplan vorzulegen. Zwar wurde das Werk bereits vor Jahren angekündigt. Doch wenn Technischer Beigeordneter Andreas Wurff heute in der Sitzung des Bau- und Planungsausschusses einen Ausblick auf den Verkehrsentwicklungsplan (VEP) gibt, dann wird er das Radwegekonzept nur am Rande streifen. Das Nahverkehrs- und das Lkw-Routenkonzept — wichtige Detailpläne, die am Ende Hinweise für den VEP geben — sind inzwischen extern fest vergeben.

Der Mobilitätsbeauftragte, dessen Stelle das ehemalige Ampel-Bündnis beschlossen hatte und der ein Radwegekonzept erarbeiten soll, existiert weiterhin nicht. "Ich gehe davon aus, dass die Position bald besetzt wird. Aber wegen des Stärkungspakts fallen bei der Verwaltung auch Stellen weg. Und wir brauchen dafür einen Spezialisten", sagt Wurff. Da zahlreiche Großstädte den Radverkehr stärker betonen wollen, sei es nicht einfach, einen Experten zu bekommen, der dem Anforderungsprofil gerecht werde.

Dieser Beauftragte — so es ihn irgendwann gibt — hätte dicke Bretter zu bohren. Denn wer sich das Gladbacher Radwegenetz genauer anschaut, stößt auf große Mängel. Die Stadt verfügt zwar laut einer Analyse von 2004 über 139 Kilometer Radwege — aber 51 unterschreiten zum Teil erheblich die Mindestmaße. Wer einen erleben will, kann sich den Radweg auf der Richard-Wagner-Straße an der Kirche St. Josef anschauen: Da ist der rot gepflasterte Weg einen halben Meter breit.

Gleichzeitig wächst die Zahl der Menschen in der Stadt, die bewusst aufs Rad umsteigen. An der Aktion "200 Tage Fahrradstadt" beteiligen sich mehr als 1000 Bürger, die Veranstaltungen dazu sind gut besucht. Und sogar ein vorläufiges Radwegekonzept könnte es noch in diesem Jahr geben. "Zeig uns Deinen besten Radweg" heißt die Aktion, bei der Gladbacher beschreiben, wie sie am besten von A nach B kommen. Immerhin ein Anfang.

(RP/rl)
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