Mönchengladbach Bruce Springsteens schwitzender Stadion-Rock

Mönchengladbach · Eine Gladbacherin rettet im letzten Moment ein Saxofon, ein Fan kommt eigens aus Ohio und der US-Sänger spielt drei Stunden und zehn Minuten – so lief der Konzert-Tag im Gladbacher Borussia-Park.

 Sie machte das Unmögliche möglich: Kurzerhand reparierte Melanie Hinzpeter das Tenorsaxofon von Jake Clemons.

Sie machte das Unmögliche möglich: Kurzerhand reparierte Melanie Hinzpeter das Tenorsaxofon von Jake Clemons.

Foto: sarah biere

Eine Gladbacherin rettet im letzten Moment ein Saxofon, ein Fan kommt eigens aus Ohio und der US-Sänger spielt drei Stunden und zehn Minuten — so lief der Konzert-Tag im Gladbacher Borussia-Park.

Es wäre der Obergau gewesen: 37 000 Fans warten im Borussia-Park auf ihr Idol, auf den Star unter den Rockmusikern: Seit Wochen fiebern sie dem Konzert von Bruce Springsteen und seiner legendären E-Street-Band entgegen. Doch "The Boss" — wie der US-Superstar genannt wird — kommt nicht, das Konzert wird kein Kracher. So oder ähnlich hätte es kommen können, wäre die Gladbacherin Melanie Hinzpeter nicht gewesen. Dank der gelernten Instrumentenmacherin konnte das Konzert wie geplant stattfinden.

"Wir haben einen Anruf bekommen, dass das Tenorsaxofon beim Transport beschädigt wurde, und ob wir es kurzfristig reparieren könnten", erzählt Ralf Radermacher, Inhaber des Blasinstrumentengeschäfts an der Eickener Straße. Natürlich konnten sie. Wenn "The Boss" Hilfe braucht, bekommt er sie auch. Anderthalb Stunden frickelte Melanie Hinzpeter an dem kostbaren Instrument herum. "Ich habe zwei Polster ausgetauscht und die Klappen gerichtet. Sonst hätte das Saxofon keine tiefen Töne von sich gegeben", sagt die 43-Jährige und ergänzt: "Ich war schon nervös. So etwas macht man ja nicht alle Tage." Noch rasch die letzten Fingerabdrücke vom schwarzen Lack gewischt, und schon sieht das gute Stück wieder aus wie neu: Sehr zur Freude von Saxofonist Jake Clemons, der pünktlich zum Sound-Check sein Dienstgerät wieder hatte.

Szenenwechsel: Es ist kurz vor 13 Uhr — in etwa sieben Stunden wird Bruce Frederick Joseph Springsteen die Bühne betreten und die Gladbacher Zuschauer im Sturm erobern. Dass es genau das tun wird, daran haben die eingefleischten Fans keinen Zweifel. Seit dem vergangenen Sonntag harren die ersten auf dem Gelände des Borussia-Parks aus — sie zelten oder schlafen in ihren Autos. All diese Strapazen nehmen sie gerne in Kauf für eine der begehrten ersten Zahlen. Denn jeder Fan bekommt bei seiner Ankunft eine Zahl auf den Handrücken gemalt. Sie symbolisiert, wer als Erster da war und damit auch als einer der Ersten das Stadion betreten darf, um sich einen der Plätze in der "Front-Row" zu sichern. "Die Fans haben dieses System entwickelt, und es funktioniert super", erzählt Sven (32) aus Velbert, der die Nummer acht ergattern konnte. Auch Alex (36) ist seit Sonntag da. Der Chemnitzer hat seinen gesamten Urlaub um seinen Lieblings-Rocker herumgeplant: "Ich bin aus Paris angereist, da war sein vorletztes Konzert. Jetzt bin ich hier, und es ist klasse." Gina Giambone ist sogar aus Ohio (USA) angereist. "Wenn er singt, bin ich ich selbst. Er singt direkt in meine Seele", sagt sie. Die Vollblut-Fans waren sich einig: "Wir sind hier so nett empfangen worden, wie sonst noch nirgendwo."

19 Uhr — eine halbe Stunde vor Konzertbeginn: Der Verkehr auf der A 52 staut sich zwischen Schiefbahn und dem Kreuz Mönchengladbach zwischenzeitlich auf neun Kilometer. Doch kaum ertönen um 19.40 Uhr die ersten Klänge von "Jackson Cage" sind die Fans alle da — die Stimmung steigt von Null auf Hundert. Auch der Aufforderung des "Bosses": "Habt Spaß", folgt die Menge gerne. Dafür gibt's direkt den nächsten Hit mit "Better Days", dicht gefolgt von der ersten Ballade des Abends "One Way Street". Zwischendrin präsentiert sich der 20-fache Grammy-Gewinner lässig, charismatisch und bodenständig. Der verschwitzte Weltstar zeigt keine Berührungsängste. Er weiß, dass er sich auf sein eingespieltes Band-Team im Hintergrund 100-prozentig verlassen kann. Die Gladbacher bekamen gestern echte Vollprofis zu Gesicht.

Nach einem erfrischenden deutschen Bier — bei dem natürlich rockergemäß die Hälfte verschüttet wird — gibt es um 22.05 Uhr als zweite Zugabe den Welthit "Born in the USA". Die 37 000 Fans danken es ihm mit wilden Tänzen und erhobenen Armen. Kurz vor Schluss, das Stadion ist taghell erleuchtet, gibt der "Boss" noch einmal Vollgas: Bei "Dancing in the Dark" schnappt er sich Mädels aus der Menge, die mit ihm gemeinsam auf der Bühne rocken dürfen. Nach drei Stunden und zehn Minuten Stadion-Rock der Superlative endet das Konzert mit "Rocking all over the World".

Noch gestern Nacht ging es für Sven und seine Freunde direkt weiter nach Leipzig — morgen gibt "The Boss" dort sein nächstes Konzert.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort