Ex-Stadionsprecher von Borussia Mönchengladbach Die Stimme vom Bökelberg wird 75

Lürrip · Rolf Göttel war in drei der wichtigsten Disziplinen Mönchengladbachs aktiv: Borussia, Brauchtum und Fußball. So hat er seine Heimatstadt Mönchengladbach mitgeprägt. Heute hat er Geburtstag.

Der Mann und seine Kabine: Rolf Göttel als Stadionsprecher Borussias.

Der Mann und seine Kabine: Rolf Göttel als Stadionsprecher Borussias.

Foto: imago/Passage/imago sportfotodienst

Zuletzt hat sich Rolf Göttel ein wenig vor sich selbst erschrocken. Im Gespräch mit unserer Redaktion wurde er gefragt, ob für ihn das sprichwörtliche Glas halbvoll oder halbleer sei, und er sagte: „Halbvoll.“ Danach grinste er wie einer, der sich ertappt fühlte, der recht ungewollt eine Seite von sich offenbart hat, die er gar nicht preisgeben wollte. Denn Göttel ist gern „einer, der vieles kritisch sieht“, der gern „moppert“. Aber, und das ist dem Mann, der am Donnerstag seinen 75. Geburtstag feiert, wichtig: „Wenn ich etwas anmerke, dann immer zum Wohle meiner Stadt.“

Er hätte auch sagen können: Zum Wohle meiner Borussia. Oder: Zum Wohle des Schiedsrichter-Wesens. Oder: Zum Wohle des Karnevals, des Brauchtums. Überall dort war Rolf Göttel mittendrin: Als „Stimme vom Bökelberg“, als Schiedsrichter und Schiedsrichter-Obmann, als Geschäftsführer des Mönchengladbacher Karnevals, als jecker Prinz. Vor allem aber immer als Mensch. Und dieser Mensch Göttel ist einer, der das Herz zuweilen auf der Zunge trägt, der auch mal nerven kann, wenn es um die Sache geht. Denn er weiß: Manchmal kommt es auf die Details an.

Dass er auch sich selbst gegenüber kritisch ist, zeigt seine Einschätzung der eigenen fußballerischen Fähigkeiten die er, mithin ein Schulkamerad des später Borussen-Topstürmers Herbert Laumen, als Jugendlicher beim SV Lürrip und bei den Borussen unter Beweis stellte. „Ich habe erkannt, dass ich kein guter Fußballer werden würde und mir das Schiedsrichterwesen mehr liegt. Darum habe ich noch in der Jugend aufgehört“, sagte er. Mit 15 griff Göttel erstmals zur Pfeife.

Das Gladbacher Prinzenpaar von 1986 auf dem Bökelberg: Rolf Göttel und Doris Esser.

Das Gladbacher Prinzenpaar von 1986 auf dem Bökelberg: Rolf Göttel und Doris Esser.

Foto: Göttel

Trotzdem ist er ein Teil des Mythos Borussia geworden. Nicht weil er die Tore geschossen wie sein Kumpel Herbert, sondern weil er sie angesagt hat: „Tor für die Borussia“, das ist der Satz, der Göttel legendär machte, der noch heute eingespielt wird, wenn die Gladbacher treffen. Göttel, Mitglied des Ehrenrates „seiner“ Borussia, hat sozusagen das Thema „Torfabrik“ vertextet.

Als er 1986 Karnevalsprinz war, kam er in den branchenüblichen weißen Strumpfhosen und mit seiner Prinzessin Doris Esser alias Doris Niersia XLI. als Prinz Rolf II. auch zum Bökelberg als Vorprogramm eines Borussen-Spiels. An diesem 8. Februar verschmolzen Rolf Göttel, der Stadionsprecher, und Rolf Göttel der Karnevalsprinz, denn er sagte nebenbei den Siegtorschützen gegen den Hamburger SV an: Frank Mill, den er herrlich langzog mit zig quasi gerollten „l’s“.

Rolf Göttel lag auch das Schiedsrichterwesen am Herzen.

Rolf Göttel lag auch das Schiedsrichterwesen am Herzen.

Foto: Hans-Peter Reichartz

Von 1962 bis 1992 war Göttel „die Stimme vom Bökelberg“, bei rund 750 Spielen sagte er die Tore an. Nebenbei war er auch für die Werbeansagen zuständig (“Ob Norden, Süden, Osten, Westen, Heppos Frauen sind die besten“ etc.). Sein Stammplatz hing gleich unter dem Stadiondach, das Foto, das ihn mit Stoppuhr und Nordkurve im Hintergrund in seiner Sprecherkabine zeigt, in der sich auch mal Günter Netzer kurzfristig umzog, ist ein Stück Bökelberg-Geschichte.

Wer wie er in drei der für Mönchengladbach wichtigsten Disziplinen – Boussia, Brauchtum und Fußball – einen Großteil seines Lebens so präsent ist wie Göttel, der hat auch die Stadt mitgeprägt. Über seine Heimat sagt er: „Es ist die Mischung, die unsere Stadt ausmacht. In gewisser Weise ist es eine Großstadt, aber zugleich auch eine Kleinstadt. Es ist eine liebenswerte Stadt.“

Das gilt gleichsam für ihn selbst. Als Borusse und Schiedsrichter war er immer in ganz Gladbach unterwegs, zugleich ist er aber bekennender Lürriper. „Da kann man sich sehr wohl fühlen. Ich bin ja vor einigen Jahren umgezogen – innerhalb Lürrips. Genau genommen 500 Meter weiter“, sagte er im Interview. Es schwingt eine gewisse Selbstironie mit in diesen Worten, und die ist auch ein Teil des Menschen Göttel: Er weiß, dass man nicht immer alles zu ernst nehmen darf, dass das Leben zuweilen ein Augenzwinkern ist.

Wie sonst ist zu erklären, dass das einzige Spiel, das er in seiner Zeit als Borussias Stadionsprecher verpasst hat, das unglaubliche 12:0 gegen Borussia Dortmund am letzten Spieltag der Saison 1977/78 war. Er hatte nicht mehr mit der Meister-Chance „seiner“ Borussia gerechnet und war den dem Tag schon im Urlaub...

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