Sexualdelikt in Borussia-Fanzug Sonderzug-Organisator will weiter Fahrten anbieten

Mönchengladbach · Borussia-Fan Rainer Baumer organisiert Sonderzüge für 750 Mitfahrer auf eigene Faust - und will sich vom Vorfall auf der Rückreise von München am Wochenende nicht unterkriegen lassen. Ein 30-Jähriger soll eine junge Frau schwer sexuell missbraucht haben.

 Eine Polizeikontrolle an dem Sonderzug. (Archiv)

Eine Polizeikontrolle an dem Sonderzug. (Archiv)

Foto: Hans-Peter Reichartz

Drei Monate lang hatte Rainer Baumer die Tour zum Auswärtsspiel beim FC Bayern organisiert, "minutiös geplant", wie der Borussia-Fan aus Jüchen im Gespräch mit unserer Redaktion sagt. Zum vierten Mal stellte er am vergangenen Wochenende einen Sonderzug für rund 750 Fans auf die Beine, als Privatmann sozusagen. "Ich habe zwar ein Kleingewerbe angemeldet, muss und will aber nicht groß Geld damit verdienen", erklärt er. Hauptberuflich arbeitet Baumer als Verkaufsleiter, "Haba on Tour" ist sein Hobby.

Es sei zunächst eine gelungene Reise nach München gewesen. 13 Abteilwagen plus zwei sogenannte Sambawagen zum Partymachen hatten sich am frühen Samstagmorgen in Mönchengladbach auf den Weg gemacht. Die Bundespolizei in München sei geradezu erstaunt gewesen, wie friedlich und zivilisiert sich die Borussia-Fans verhalten hätten, erzählt Baumer. Der Vorfall, der Borussias Fanszene und die Vereinsverantwortlichen entsetzt hat, ereignete sich auf der Rückfahrt mitten in der Nacht.

 Borussia-Fan Rainer Baumer.

Borussia-Fan Rainer Baumer.

Foto: Rainer Baumer

Ein 30-jähriger, mehrfach vorbestrafter Mönchengladbacher soll auf der Toilette eine 19-Jährige schwer sexuell missbraucht haben. Von einem "Tabubruch" schrieb der FPMG Supporters Club in einer Stellungnahme. "Das ist nicht nur nicht in Einklang zu bringen mit unserer Vereinskultur, das ist das Gegenteil von Kultur", sagte Borussias Präsident Rolf Königs gleich zu Beginn der Mitgliederversammlung am Dienstag.

Früher gab es öfters Ärger

Hinter Zug-Organisator Baumer liegen anstrengende Tage. Am Montagabend wollte er einfach nur noch seine Ruhe haben, viele Nachrichten waren auf ihn eingeprasselt, 27 Reisestunden hatte er in den Knochen, mit der Centralbahn AG, die die Charterzüge bereitstellt, musste er alles abwickeln. Am Dienstag spricht er am Telefon über die Sonderzugfahrt, die überregional für Schlagzeilen gesorgt hat.

Früher gab es öfters Ärger, weil Fans erhebliche Schäden an Waggons verursachten — kaputte Türen, abgerissene Deckenverkleidungen, verdreckte Klos. Das Fanprojekt, das die Fahrten lange organisierte, klinkte sich vor fünf Jahren aus. Irgendwann übernahm Baumer. "Wir verkaufen 0,4 Liter Bier für 2,50 Euro. Wo bekommt man so etwas noch?" sagt er, um zu untermauern, dass das gemeinsame Erlebnis als Fanszene bei den Sonderzugfahrten im Mittelpunkt steht, nicht der Profit.

Ein Ordner pro Wagen

Und dann wäre da das Thema Sicherheit. Die Polizei ist nicht dafür zuständig, gecharterte Fanzüge zu begleiten. Externe Securityleute will Baumer nicht, er setzt auf den Fahrten Ordner ein, die er kennt und die oftmals auch die Mitreisenden kennen. Viele von ihnen würden hauptberuflich im Sicherheitsbereich arbeiten. "In jedem Wagen gibt es einen Ordner, dazu einen Gruppenleiter für je drei Wagen", erklärt Baumer.

Das Konzept habe sich bewährt. "Wir haben alle möglichen Gruppierungen dabei. Denen mache ich klare Ansagen, dass sie sich zu benehmen haben, wenn sie mitfahren, und daran halten sie sich", sagt Baumer. Zwischenfälle mit Pyrotechnik oder aus dem fahrenden Zug geworfenen Flaschen und Dosen habe es zuletzt nicht mehr gegeben. Jeder Mitfahrer muss vorab eine Haftungserklärung abgeben. "Und wenn ich jemanden, der sich angemeldet hat, gar nicht kenne, dann schaue ich auch schon mal bei Facebook oder höre mich um", sagt Baumer.

Es soll ein "trauriger Einzellfall" bleiben

Als in der Nacht von Samstag auf Sonntag bekannt wurde, was sich ereignet haben sollte, sprach Baumer mit der 19-jährigen Frau. Die hatte aus dem Zug ihre Eltern angerufen, damit die sie in Bonn am Bahnhof abholen. Die Eltern schalteten die Polizei ein. Er habe mit der Polizei kommuniziert, so Baumer, die bei jedem Halt die Aussteigenden kontrollierte, die allergrößte Gruppe natürlich am Morgen in Mönchengladbach. "Alle haben sich sehr ruhig und kooperativ verhalten", berichtet Baumer, obwohl die Aktion fast zwei Stunden gedauert habe.

Könnte der Vorfall vom Wochenende dafür sorgen, dass es in Zukunft keine Sonderzüge dieser Art mehr gibt? Oder ist Baumer selbst die Lust vergangen? "Wenn ich nun sagen würde, dass ich das nicht mehr mache, hätten sicherlich viele Verständnis. Für mich wäre das aber der falsche Weg", sagt der Borussia-Fan. Viele Mitreisende, auch zahlreiche der 121 Frauen, die im Sonderzug dabei waren, hätten ihn per Nachricht darin bestärkt. Beim nächsten Mal will er noch mehr Ordner einsetzen, um zum Beispiel besser die Toilettenbereiche kontrollieren zu können. Was am Wochenende passiert ist, so Baumer, soll ein "trauriger Einzelfall" bleiben.

(jaso)
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