Mönchengladbach Bolzenius stolperte über die Büro-Affäre

Mönchengladbach · Seine politische Karriere endete, als der Staatsanwalt ermittelte. Er war der erste Oberbürgermeister der heutigen Stadt Mönchengladbach, stolperte am Ende aber über eine politische Affäre: Theodor Bolzenius, der die neue Stadt nach der Gebietsreform 1975 für neun Jahre als Oberbürgermeister regierte.

Keine Frage, die Stadt hat ihm einiges zu verdanken. Seine Partei, die CDU, aber auch. Denn Bolzenius war es, der die absolute Mehrheit der Christdemokraten im Rathaus verlor und in der Folge seinen Posten räumen musste.

Viele berichten von einem "Gladbacher Original", dabei stammt Bolzenius aus dem Sauerland. Nach Mönchengladbach kam der Altphilologe und Oberstudienrat als Direktor des Humanistischen Gymnasiums. Das Rektorat blieb auch nach seiner Wahl zum OB 1975 sein zweites Amtszimmer. Bolzenius, der gerne auch mal die Deutsche Meisterschale oder ein Fass Bier stemmte, war volkstümlich. Und er war als Sauerländer vermutlich genau der richtige für das Zusammenwachsen der Stadt. "Er konnte über historische Stadtgrenzen hinweg neutral und integrierend wirken", schrieb die Rheinische Post am 6. Oktober 1984 nach Bolzenius' erzwungenem Verzicht auf seine Wiederwahl.

Zwei zentrale Monumente, neben zahlreichen Schulbauten, prägten seine Amtszeit quasi in Beton und Glas: 1982 wurde das Museum Abteiberg als Meilenstein der Kultur fertiggestellt, die für Bolzenius zentraler Baustein der Stadtentwicklung war. "Das Leben einer Stadt ist auf Dauer abhängig von ihren geistig-kulturellen Erfolgen. Diese Erfolge setzen sich innerhalb einer Generation auch in wirtschaftliche und politische Kraft um", sagte Bolzenius im RP-Interview im November 1982. Er hatte den Bau des Museums noch als Fraktionsvorsitzender der CDU 1974 in einer der letzten Ratssitzungen von Alt-Gladbach durchgesetzt, wie der frühere Stadtarchivar Wolfgang Löhr schreibt. Zudem stammt das Kulturfestival Ensemblia aus Amtszeit Bolzenius'. Der zweite Bau mit weniger weltbedeutender Architektur steht inzwischen schon nicht mehr: das Zentralbad, das im Sommer 2001 abbrannte.

Im Winter 1983/84 ahnte noch niemand, dass Bolzenius die Kommunalwahl im Herbst 1984 politisch nicht überleben wurde. Das änderte sich, als eine Affäre aus dem Büro des OB bekannt wurde. Für eine Broschüre "Die zehn Stadtbezirke", die ein Journalist für den OB erstellen wollte, genehmigte sein Büro Zahlungen in Höhe von knapp 30 000 Mark. Dabei durfte das nur der Oberstadtdirektor. Die Broschüre erschien nie, weil die Stadt selbst gerade eine ähnliche Broschüre erarbeitete. Das Geld wurde zudem ohne Vertragsgrundlage ausgegeben, nun begann im Mai 1984 die Staatsanwaltschaft wegen Untreue zu ermitteln.

Bis 1986 zogen sich Ermittlungen hin, ein Verfahren wurde dreimal aufgenommen, wieder eingestellt und letztlich ganz fallen gelassen. Bolzenius und sein damaliger persönlicher Referent beschuldigten sich gegenseitig, die Zahlungen genehmigt oder davon gewusst zu haben. Es stand Aussage gegen Aussage. Rechtliche Konsequenzen hatte die Affäre nicht, politische aber sehr wohl. Die CDU verlor bei der Wahl 1984 mit Bolzenius als erneutem OB-Kandidaten ihre absolute Mehrheit im Rat und musste mit der FDP koalieren. Die hatte bereits im Wahlkampf Bolzenius strikt abgelehnt und blieb dabei.

Am 21. Mai 1975 war Bolzenius als Nachfolger von Franz Meyers, dem Beauftragten der Landesregierung für die Aufgaben des Rates, mit 41 Stimmen zum Oberbürgermeister gewählt worden. 25 Ratsherren enthielten sich, keiner sagte Nein. 1984 indes musste er abtreten. Heinz Feldhege wurde sein Nachfolger. Bolzenius habe "abgewirtschaftet", urteilte die RP und forderte zugleich: "Der Bürger Bolzenius hat Anspruch auf Gerechtigkeit im Urteil der Stadtgeschichte."

(RP)
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