Nach tödlichem Unfall in Mönchengladbach Schulen wehren sich gegen „Elterntaxis“

Mönchengladbach · Zwei Tage nach dem tödlichen Unfall einer Achtjährigen in Mönchengladbach ist der Hergang nicht geklärt. Die Schule hatte schon vor Monaten vor „Elterntaxis“ gewarnt – wie auch viele andere Schulen in NRW.

 Die Schulstrasse von oben gesehen. Deutlich sieht man noch die Zeichnung der Polizei. Die Autos rechts und links warten auf die Kinder. Ein Mamataxi nach dem anderen fährt vor.

Die Schulstrasse von oben gesehen. Deutlich sieht man noch die Zeichnung der Polizei. Die Autos rechts und links warten auf die Kinder. Ein Mamataxi nach dem anderen fährt vor.

Foto: Reichartz,Hans-Peter (hpr)

Auch zwei Tage nach dem tragischen Unfall, bei dem am Mittwoch ein acht Jahre altes Mädchen auf dem Weg zur Schule von einem Auto überrollt worden und gestorben war, ist der Unfallhergang noch nicht geklärt. „Bisher sind fünf Zeugen vernommen worden, die unter großer Betroffenheit ihre Wahrnehmungen geschildert haben“, sagte Polizeisprecher Wolfgang Röthgens. Die Aussagen der Zeugen unterscheiden sich den Polizeiangaben zufolge teilweise. Die Eltern des Opfers sind noch nicht vernehmungsfähig. Auch die Fahrerin des Unfallfahrzeuges konnte bislang nicht von den Ermittlern angehört werden. Die spurentechnischen Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen, auch Fachleute des Landeskriminalamtes sowie externe Sachverständige sind dabei. „Vor diesem Hintergrund können wir jetzt noch keine abschließenden Angaben zum Unfallhergang machen“, sagte Röthgens. Vielmehr sucht die Polizei noch weitere Zeugen, die den Unfall beobachtet haben.

Rund um die Schule ist die Betroffenheit und die Trauer nach dem Unfall groß. Der schulpsychologische Dienst, Seelsorger und ein muslimischer Imam kümmerten sich um Kinder und Lehrer. Neben dem Schultor legten Kinder Plüschtiere, Briefe und Blumen ab und zündeten Kerzen für ihre Freundin, ihren „Engel“ an. Auch das Verkehrsaufkommen vor dem Tor blieb in den vergangenen Tagen gewaltig. Sowohl morgens als auch nach Schulschluss kam es in der Schulstraße zu unübersichtlichen Situationen, weil Eltern ihre Kinder zur Schule brachten oder abholten. Die Schulpflegschaft und die Schulleitung hatten in den vergangenen Monaten wiederholt die Eltern darum gebeten, ihre Kinder nicht mit Autos zur Schule zu fahren, sondern zu Fuß gehen zu lassen. Als Reaktion auf „morgendliche Verkehrschaos vor dem Schultor“, wie es in einem Schreiben der Schule an die Eltern heißt, war nach einer Ortsbegehung mit Schule, Ordnungsamt und Polizei ein Halteverbot vor der Schule verhängt worden. Diese Schilder waren nur wenige Tage vor dem tragischen Unfall montiert worden. In dem Schreiben an die Eltern hatte die Schule auch angekündigt, dass Kinder morgens vor dem Schultor die Verkehrssituation beobachten und Autofahrer auf Park- und Halteverbote ansprechen.

Probleme mit „Elterntaxis“ kennt man an fast allen Grundschulen, so an der Montessori-Grundschule in Mönchengladbach. „Die Eltern fahren wirklich bis vorne ans Schultor und auf den Lehrerparkplatz“, sagt eine Mitarbeiterin aus dem Sekretaruat. Am Tag nach dem tödlichen Unfall des achtjährigen Mädchens an einer anderen Gladbacher Schule habe ihre Schule einen Elternbrief verschickt und darum gebeten, einen großen Parkplatz in der Nähe zu nutzen und den Rest des Weges per Fuß zu gehen. Einen solchen Brief bekommen an der Montessori-Schule alle Erstklässler und ihre Eltern – doch die Ratschläge würden nur wenige Eltern befolgen. Zeitweise habe sich sogar die Schulleiterin morgens vor die Schule gestellt und auf das Verkehrschaos aufmerksam gemacht – doch die Eltern würden dann einfach etwas früher oder später kommen.

Am Tag nach dem Unfall im Stadtteil Hardterbroich hätten die Telefone auch an der Montessori-Schule nicht mehr stillgestanden. Besorgte Eltern hätten Vorschläge gemacht, wie die Situation vor der Schule sicherer werden könnte: Elterninitiativen, die morgens Steife laufen wollen, waren darunter. Oder der Vorschlag, dass der Bezirkspolizist jeden Morgen vor der Schule seinen Dienst tut. Die Schule denkt nun über eine Schranke zum Lehrerparkplatz nach. Auch die Polizei in Mönchengladbach warnt vor dem Phänomen „Elterntaxi“ und ruft Mütter und Väter dazu auf, die Kinder entweder ganz zu Fuß zur Schule gehen zu lassen oder in einiger Entfernung vom Schultor abzusetzen.

Auch in anderen niederrheinischen Kommunen haben die Schulen mit Eltern zu kämpfen, die ihre Kinder direkt vor dem Gebäude mit dem Auto absetzen. Eine Grundschule hat nun gehandelt. In Kranenburg-Nütterden hat die Verkehrswacht gemeinsam mit der Gemeinde, dem Straßenverkehrsamt und der Polizei eine Halte-Zone eingerichtet. Die befindet sich 250 Meter von der Schule entfernt. Von dort aus kommen die Kinder sicher zu Fuß zur Schule. Vor dem Gebäude ist das Halten nun verboten.

Auch in Grevenbroich hat man bereits gehandelt. Dort kontrolliert das Ordnungsamt die Straßen an zwei Grundschulen – und erteilt kostenpflichtige Verwarnungen. In Neuss hingegen sucht man noch nach entsprechenden Maßnahmen. Ein Gremium aus Vertretern verschiedener Behörden und das Amt für Verkehrslenkung soll dazu gehört werden. Die Leoschule hat bereits im November für Abhilfe gesorgt. Gut 100 Meter Luftlinie vom Schultor entfernt wurden am Parkplatz des Nordbades einige Stellplätze für den „Hol- und Bringdienst Leoschule“ reserviert. Die Elternhaltestelle ist jedoch vorerst nur ein Experiment.

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