Verbraucherzentrale in Mönchengladbach Wenn aus 14 Euro Schulden 411 werden

Mönchengladbach · Die Verbraucherzentrale Mönchengladbach legt ihren Jahresbericht 2018 vor: Inkassoforderungen bilden einen Schwerpunkt ihrer Arbeit. Aber auch bei Handy- und DSL-Verträgen brauchen die Mönchengladbacher Rat.

 Bei der Jahres-Bilanz der Verbraucherzentrale Mönchengladbach kam ein dreister Fall eines Inkasso-Büros auf den Tisch. Statt 14 Euro sollte ein Schuldner am Ende über 400 Euro zahlen.

Bei der Jahres-Bilanz der Verbraucherzentrale Mönchengladbach kam ein dreister Fall eines Inkasso-Büros auf den Tisch. Statt 14 Euro sollte ein Schuldner am Ende über 400 Euro zahlen.

Foto: Verbraucherzentrale

Dieser Fall ist besonders dreist: Aus einer Forderung von 14 Euro wurden nach einem Jahr durch die Einschaltung eines Inkasso-Anwalts 411,47 Euro. Ein Rheydter hatte an einer Kasse einen Betrag von 14 Euro mit Karte gezahlt. Da das Konto leer war, kam die Lastschrift zurück. Das Unternehmen schaltete ein Inkassobüro ein, das die Forderung innerhalb von elf Monaten auf besagte Höhen trieb. Da war die ursprüngliche Forderung von 14 Euro längst beglichen. Die Summe ist ungewöhnlich, der Vorgang als solcher nicht. „Bei mehr als der Hälfte aller Forderungen stellen wir überhöhte Inkassogebühren fest“, sagt Edda Nowak, Beraterin bei der Verbraucherzentrale Mönchengladbach.

Immer häufiger kommen Menschen zur Verbraucherzentrale, die Probleme mit Inkassobüros haben. „Das liegt auch daran, dass Unternehmen immer schneller Inkassobüros einschalten“, erklärt Sebastian Dreyer, Leiter der Verbraucherzentrale in Rheydt. Im geschilderten Fall konnten die Verbraucherschützer helfen. „Die Höhe der Gebühren war absolut sittenwidrig“, sagt Dreyer. Er bedauert, dass es keine gesetzliche Regelung für die Vergütung von Inkassounternehmen gebe. Die maximale Grenze bilde nur das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Es gibt noch weitere Probleme im Inkassobereich. „Die Inkassobüros recherchieren oft schlampig und schicken ihre Forderungen an Menschen, die ähnliche Namen tragen wie der Schuldner“, sagt Edda Nowak. „Ein älterer Herr bekam zum Beispiel ständig Forderungen, die eigentlich einem Namensvetter galten.“ Eine Zeit lang sei er jede Woche in die Verbraucherzentrale gekommen. Und er hat es richtig gemacht, sich Hilfe zu holen. Das Problem erledigt sich nicht von allein, nur weil man mit den Schulden nichts zu tun hat. Derjenige, der fälschlich als Schuldner angeschrieben wird, muss aktiv werden. „Es ist sinnvoll, einen Anwalt oder die Verbraucherzentrale einzuschalten“, betont Dreyer. Die Forderung muss rechtssicher abgewehrt werden. Das Ärgerliche: Der Bürger hat nicht nur schlaflose Nächte, er bleibt auch auf den Kosten für die Rechtsberatung sitzen.

Ausdrücklich warnt die Verbraucherzentrale vor Schufa-freien Krediten und vermeintlich günstigen Online-Kreditkarten. „Diese Problematik hat sich 2018 deutlich verstärkt“, so Nowak. „Die Verbraucher suchen nach günstigen Angeboten, die ihren finanziellen Spielraum erweitern. Stattdessen erhalten sie häufig für sie nutzlose Prepaidkarten oder Finanzsanierungsverträge. Verbunden ist das Ganze häufig mit horrenden Gebühren.“

 Sebastian Dreyer, Edda Nowak und Elisabeth van Thiel (v.l.) von der Verbraucherzentrale Mönchengladbach.

Sebastian Dreyer, Edda Nowak und Elisabeth van Thiel (v.l.) von der Verbraucherzentrale Mönchengladbach.

Foto: Angela Rietdorf

Auch die Telekommunikation bleibt ein Bereich, der den Verbraucherschützern Arbeit macht. Die schwarzen Schafe der Branche tummeln sich dort wie eh und je. „Es flaut nicht ab“, stellt Dreyer fest. Einer der Dauerbrenner: Zum geplanten Installationstermin kommt der Techniker einfach nicht. Bei einem Anbieterwechsel sitzt der Kunde vier bis acht Wochen ohne Telefonanschluss da. Und zu erreichen ist auch niemand. „Wir können den Kontakt herstellen, weil wir entsprechende Ansprechpartner in den Unternehmen haben“, sagt Nowak. „Aber eigentlich wird so ausgelagertes Beschwerdemanagement betrieben.“ Auch Handyverträge bieten endlose Möglichkeiten für Probleme. In einem Fall wurde die geistige Einschränkung einer Kundin ausgenutzt und statt einer Vertragsverlängerung wurden unglaubliche 14 Verträge zusätzlich abgeschlossen. Zudem greift eine Unsitte immer mehr um sich: das Unterschreiben von Verträgen auf Touchpads. Das Problem: Der Kunde weiß nicht, was er unterschrieben hat. Die Verbraucherschützer empfehlen, immer auf einen Ausdruck zu bestehen und eine schriftliche Bestätigung mit nach Hause zu nehmen. Außerdem räumen sie mit einem weit verbreiteten Irrtum auf: Verträge, die im Shop unterschrieben wurden, können nicht so einfach widerrufen werden. „Wenn man online oder telefonisch abschließt, gilt ein 14-tägiges Widerrufsrecht“, erklärt Nowak. Im Shop sei das nicht so. „Wenn man es sich an der Tür anders überlegt, ist das schon zu spät.“

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