Mönchengladbach Befristungen, Niedriglohn und Leiharbeit nehmen zu

Mönchengladbach · Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat pünktlich zum 1. Mai die Entwicklung der Beschäftigung in der Stadt kritisiert. "Rechnet man all diejenigen, die sich in Maßnahmen befinden, aus den Zahlen heraus, liegt die Arbeitslosenquote in der Stadt bei über 14 Prozent", sagt Regionalsekretär Klaus Churt. "Dann reden wir statt von 15 000 von rund 19 000 Menschen." 78 Prozent der Arbeitslosen seien Hartz-IV-Empfänger (SGB-II-Leistungen). Nach Angaben des DGB ist die Zahl der Teilzeitbeschäftigten in der Stadt von Juni 2003 bis Juni 2011 um 24,2 Prozent gestiegen, die Vollzeitbeschäftigung um 1,3 Prozent gesunken. "Und die Zahl der Minijobber ist in den letzten zehn Jahren um 75 Prozent gestiegen." Im September 2012 hätten 27 750 Gladbacher einen Minijob ausgeübt, davon 18 838 ausschließlich, 8912 im Nebenjob.

 Selbst im öffentlichen Dienst, etwa bei der Hochschule Niederrhein, liegt die Befristungsquote mittlerweile bei mindestens einem Viertel.

Selbst im öffentlichen Dienst, etwa bei der Hochschule Niederrhein, liegt die Befristungsquote mittlerweile bei mindestens einem Viertel.

Foto: dpa

Alarmierend, so Churt: Die Zeitarbeit habe in Gladbach einen Anteil von 6,2 Prozent an der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, während der Bundesschnitt bei 2,7 Prozent liege. Auch die Linke meldete sich zu diesem Thema zu Wort. "Aufgrund einer Anfrage der Linken im Bundestag ist jetzt bekannt geworden, dass 22,4 Prozent der vollzeitbeschäftigten Gladbacher zu Niedriglöhnen arbeiten", so Sprecher Torben Schultz. In Zahlen: 13 919 Männer und Frauen.

Die Gewerkschaften schreiben sich derzeit insbesondere den Kampf gegen befristete Anstellungsverhältnisse auf die Fahnen. "Bei den 20- bis 25-Jährigen ist bundesweit mittlerweile jede zweite Stelle befristet, bei den 25- bis 30-Jährigen jede Vierte", sagt Dominik Kofent, stellvertretender Geschäftsführer für den Verdi-Bezirk Linker Niederrhein. Und legte Gladbacher Zahlen auf den Tisch: "Bei Esprit/Fiege gibt es eine Leiharbeitsquote von 66 Prozent, ohne Tarifbindung. Wer kein Leiharbeiter ist, wird sachgrundlos für zwei Jahre befristet." Auch von Zalando erwarte man "Dumpinglöhne", so Kofent. "Daher richten wir ein eigenes Kampagnenbüro ein."

Auch im öffentlichen Dienst, so habe eine Umfrage an der Hochschule Niederrhein ergeben, liege die Befristungsquote mittlerweile bei 25 Prozent. "Einige Verträge gelten sogar nur semesterweise", so Churt. Man werde sich mit Blick auf die Bundestagswahl dafür einsetzen, dass sachgrundlose Befristungen abgeschafft werden und Verträge nur noch maximal zwölf Monate befristet werden dürfen, kündigte Kofent an: "Befristet Angestellte gehen oft krank zur Arbeit, trauen sich nicht, Urlaub zu nehmen, können keine Familien gründen."

Was die aktuellen Arbeitsmarktzahlen angeht, so hat der Monat April die Arbeitsagentur "überrascht" — und zwar negativ. Denn gegenüber März sind die Arbeitslosenzahlen saisonunüblich leicht angestiegen. In Gladbach waren 15 103 Menschen arbeitslos gemeldet, die Quote beträgt 11,5 Prozent; das sind 0,2 Prozentpunkte mehr als im März, aber 0,2 Prozent weniger als im April 2012. Die Negativentwicklung war damit weniger gravierend als im Rhein-Kreis, der ebenfalls zum Agenturbezirk zählt. Die Frühjahrsbelebung auf dem Arbeitsmarkt sei zwar spürbar, sagt Doris Schillings, Geschäftsführerin operativ. "Es werden weniger Menschen arbeitslos — die Aufnahme neuer Beschäftigung wächst aber noch nicht." Die schlechteren Werte führte sie auf den langen Frost, die frühen Osterferien und die Wechselperiode bei den Weiterbildungsangeboten zurück — aber auch darauf, dass weniger offene Stellen gemeldet werden als im Vorjahr. 14,6 Prozent weniger als 2012 seien es in Gladbach seit Jahresbeginn. Und während seit 1. Januar zwar 4,7 Prozent weniger Menschen ihre Arbeit verloren haben als im Vergleichszeitraum 2012, hätten 6,7 Prozent weniger eine Stelle gefunden.

(RP/ac)
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