Mönchengladbach Beckrath: Keine Noten für Drittklässler

Mönchengladbach · Um Stress für Grundschulkinder zu minimieren, soll es in der Grundschule Beckrath ab kommendem Schuljahr keine Zensuren mehr in den dritten Klassen geben. "Leistung braucht keine Noten", sagen Eltern und Lehrer.

 Kinder der Beckrather Grundschule sind auch zu Wort gekommen: Sie durften mitteilen, warum sie Noten gut oder schlecht finden.

Kinder der Beckrather Grundschule sind auch zu Wort gekommen: Sie durften mitteilen, warum sie Noten gut oder schlecht finden.

Foto: Isabella Raupold

Die Entscheidung ist nicht leicht gefallen, sondern erst nach vielen Informationsveranstaltungen, Elternabenden und nach ausgiebigem Fachliteraturstudium: In der Gemeinschaftsgrundschule Beckrath hat sich die Schulkonferenz mit zehn zu zwei Stimmen für eine Abschaffung der Noten in den dritten Klassen ab dem kommenden Schuljahr ausgesprochen.

Je mehr sich die Lehrerinnen der Grundschule mit 280 Kindern mit dem Thema Zensurabschaffung beschäftigten, desto überzeugter waren sie. "Noten sagen nichts aus, weil sie subjektiv sind", sagt Schulleiterin Brigitte Dziuba. Gleiche Leistung könne von unterschiedlichen Lehrern unterschiedlich bewertet werden. "Eine Drei ist nicht immer eine Drei. An unserer Schule hat sie wahrscheinlich einen ganz anderen Stellenwert als an einer anderen Schule", sagte die Schulleiterin. Und Konrektorin Elfriede Rademakers fügt an: "Jeder von uns hat doch schon einmal eine Note mit Bauchschmerzen vergeben."

In Beckrath haben sich Eltern davon überzeugen lassen, dass Noten in der 3. Klasse unnötigen Stress bei den Kindern erzeugen. Das belegen auch Studien.

Keine Zensuren mehr in Klasse drei heiße nicht, dass an der Grundschule Beckrath keine Leistungen mehr eingefordert werden. "Das werden wir sehr wohl tun. Aber Leistung braucht keine Noten", sagt Brigitte Dziuba. Das sehe man bei den vielen Projekten an der Schule. Die Kinder seien mit Freude und Eifer dabei, auch wenn's keine Noten gibt. "Leistung soll einfach Spaß machen", findet die Schulleiterin.

Ja, anfangs sei das Vorhaben, die Noten abzuschaffen, auf Vorbehalte gestoßen. Schlagworte wie "Kuschelpädagogik" fielen da, Bedenken wie "Ohne Noten kann ich die Leistung meines Kindes nicht mehr einschätzen" oder "Noten sind auch Ansporn" wurden geäußert. Bei einer Befragung der Kinder kam heraus, dass "nur die guten Schüler Noten toll finden", sagt die Konrektorin. Im Eingangsbereich haben Kinder Zettel aufgehängt und die Sätze "Ich finde Noten gut, weil..." und "Ich finde Noten nicht gut, weil..." weitergeführt. Daraus lässt sich erkennen: Kinder fürchten schlechte Noten. "Ich werde dann immer traurig und meine Mutter auch", schrieb ein Kind. Ist die Note schlecht, fühlt sich auch das Kind schlecht.

Elfriede Rademakers ist sich sicher: "Sowohl Kinder als auch deren Eltern können die erbrachten Schulleistungen auch ohne Zensuren gut einschätzen." Es gebe ja auch genügend Rückmeldungen an Schüler und Eltern. "Viel aussagekräftiger als ein Gut oder Befriedigend in Mathe ist doch die Mitteilung: Mit dem Multiplizieren geht es schon ganz gut, aber beim Addieren gibt es Defizite", sagt die Konrektorin. Solche dezidierten Beurteilungen der Kinder bedeuten für die Lehrer zwar mehr Arbeit, aber dem Kollegium an der Grundschule Beckrath ist das die Sache wert. Und viele Eltern haben dies anerkennend zur Kenntnis genommen. Wie Brigitte Dziuba versichert, sei man gerade dabei, die Rückmeldungskultur mit den Eltern noch weiter zu verbessern. Brigitte Dziuba: "Dass wir ab dem kommenden Schuljahr keine Noten mehr in Klasse drei vergeben, wird auch Teil unseres Schulprofils sein." Im Übrigen sind sich Schulleiterin und Konrektorin sicher, dass es im Zuge der Inklusion sowieso Änderungen in der Notenvergabe geben muss.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort