Mönchengladbach Aus dem Krisengebiet nach Gladbach

Mönchengladbach · Für ihre Arbeit bekamen "Ärzte ohne Grenzen" den Nobelpreis. In der Kaiser-Friedrich-Halle stellten sie ihre Arbeit vor.

Mönchengladbach: Aus dem Krisengebiet nach Gladbach
Foto: Raupold, Isabella

Dunja Hayali ist ein Medienprofi, doch als ihre Hündin Emma plötzlich auf der Bühne erschien, röteten sich die Wangen der ZDF-Moderatorin leicht. Emma hingegen blieb gelassen, trottete einmal quer über die Bühne, blieb stehen und blickte in den Saal der Kaiser-Friedrich-Halle, in dem Hunderte Menschen angesichts der skurrilen Szene lachten. Auch Frank Dörner und Volker Lankow schmunzelten, als Dunja Hayali ihre Hündin zu sich rief und sich diese ruhig neben die Moderatorin legte.

Dann wurden sie wieder ernst. Denn Dörner und Lankow sind Mitglieder von "Ärzte ohne Grenzen". In Krisengebieten wie Afghanistan, der Zentralafrikanischen Republik und Somalia versuchen die Mediziner, ein Mindestmaß an ärztlicher Versorgung herzustellen. Die Organisation hilft dort, wo die staatliche Ordnung versagt. Dafür bekam sie 1999 den Friedensnobelpreis - und darüber berichteten Deutschland-Geschäftsführer Dörner und der langjährige Projektkoordinator Lankow auch bei ihrem Auftritt in Gladbach. Eingeladen wurden die beiden vom Initiativkreis Mönchengladbach, der seit langem erfolgreich Nobelpreisträger in die Stadt lockt.

In der Vergangenheit sind bereits der Dalai Lama, der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan und der Ex-Präsident der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, aufgetreten. Mit Lankow und Dörner besuchten diesmal eher unbekannte Namen die Stadt, beeindruckten und schockierten das Publikum jedoch mit ihren Berichten aus den Krisengebieten der Welt.

Allein Volker Lankow hat in den vergangenen Jahren unter anderem in Afghanistan, Somalia, Liberia und dem Sudan gearbeitet und dabei großes Leid mit ansehen müssen. Um den Menschen vor Ort zu helfen, hat sich der Krankenpfleger selbst einem großen Risiko ausgesetzt - wie das Beispiel der zuletzt in der Zentralafrikanischen Republik getöteten drei Mitarbeiter der Organisation zeigt. Auch Lankow gibt zu: "Ein Angstgefühl hat man schon." Trotzdem hat er sich immer wieder dafür entschieden, Freunde und Familie hinter sich zu lassen und zu helfen: "Zu sehen, wie Kinder im Sudan wieder langsam an Gewicht zu nehmen oder Menschen wieder gesund werden, ist ein erhabenes Gefühl", sagt Volker Lankow. Natürlich sei viel Idealismus bei all den Helfern dabei, sagt auch Frank Dörner: "Aber die tägliche Arbeit gibt einem auch viel Befriedigung."

In Afghanistan gelang es "Ärzte ohne Grenzen" beispielsweise, sich das Vertrauen der Bevölkerung zu erarbeiten und ein Krankenhaus funktionsfähig zu machen. "Als wir ankamen, lagen sechs Patienten in einem Haus mit 250 Betten", sagt Volker Lankow. Die Menschen zahlten hohe Gebühren an Privatärzte, übrig blieben nur die, denen dafür das Geld fehlte. Lankow und sein Team wollten das ändern. An Ausrüstung mangelte es nicht, die britischen und amerikanischen Militärs hatten viel gespendet - aber kein Afghane war in der Lage, das digitale Röntgengerät für mehrere hunderttausend Dollar zu bedienen.

Um Erfolg zu haben, verbannten Lankow und sein Team die Waffen aus dem Gebäude, das Krankenhaus sollte eine neutrale Zone sein. Denn das ist eine der Prämissen für die Arbeit von "Ärzte ohne Grenzen": Es geht ihnen um humanitäre Hilfe, um die Zivilbevölkerung, ohne sich auf eine Seite der Konfliktparteien zu schlagen. Weil ein Großteil der Spenden von Privatpersonen kommt, ist die Organisation auch finanziell unabhängig. Das half auch dabei, das Vertrauen der Afghanen zu gewinnen.

Heute gäbe es allein 750 Geburten pro Monat, sagt Volker Lankow. Der Betrieb läuft. Damit dies auch weiterhin gewährleistet ist, sind "Ärzte ohne Grenzen" nicht nur auf Spenden angewiesen. Sondern auch auf Menschen, die ihr Leben riskieren, um anderen zu helfen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort