Interview mit Dr. Peter Achten Aufwärtstrend für beide Stadtzentren

Mönchengladbach · Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes NRW sieht dank des verbesserten Konsumklimas gute Chancen für den Einzelhandel in Mönchengladbach. Peter Achten meint, dass die Arcaden die Innenstadt nach vorne bringen werden.

 Blickt positiv in die Zukunft: Dr. Peter Achten denkt, dass die Gladbacher Arcaden und die Umgestaltung der Rheydter Innenstadt sich positiv auf die jeweiligen Zentren auswirken werden.

Blickt positiv in die Zukunft: Dr. Peter Achten denkt, dass die Gladbacher Arcaden und die Umgestaltung der Rheydter Innenstadt sich positiv auf die jeweiligen Zentren auswirken werden.

Foto: Isabella Raupold

Herr Dr. Achten, wie ist die Situation des Einzelhandels in Mönchengladbach?

Dr. Peter Achten Im Augenblick sehr spannend. Insgesamt herrscht eine gute Konsumstimmung. Wir wären zufrieden, wenn am Ende die schwarze Null mit Abzug der Inflationsrate steht, wir also nominal ein kleines Plus erzielen.

Welche Anbieter sind absatzstark, wo ist noch Luft nach oben?

Achten Langfristige Konsumgüter wie Möbel gehen besser als kurzfristige Güter wie Textilien, weil viele Menschen bei den niedrigen Zinsen in ihr Zuhause investieren, statt das Geld zur Bank zu bringen. Die Verkaufszahlen in der Unterhaltungselektronik sind immer noch zufriedenstellend, auch wenn wir in dem Bereich mit starkem Preisverfall zu tun haben, was Umsatz und Rentabilität natürlich tangiert.

Welche Hoffnungen verbinden Sie mit den Arcaden?

Achten Diese Baumaßnahme wird die Gladbacher Innenstadt nach vorne bringen, auch wenn sie partiell bei unterschiedlichen Bauabläufen für Belastungen sorgt. Ich habe die Hoffnung, dass Mönchengladbach als regionaler Versorgungsschwerpunkt wieder an Bedeutung gewinnt.

Was früher anders war . . .

Achten Ja, Anfang der 70er- bis Mitte der 80er-Jahre waren wir für eine Million Menschen das Oberzentrum. Durch die Zunahme von Mobilität, das Internet und die Aufrüstung der Mittelstädte wie Viersen oder Grevenbroich sind diese Zahlen ein wenig eingebrochen.

Gibt es aktuelle Zahlen?

Achten Es wird von rund 700 000 Bürgern gesprochen. Die eigenen 260 000 plus Umland. Diese Zahl ist jedoch nicht in absoluter Höhe messbar. Man kann also nicht sagen, dass Mönchengladbach 30 Prozent an Besuchern verloren hat.

Wie beurteilen Sie das Baustellenmanagement im Rahmen der Arcaden?

Achten Man gibt sich Mühe und ist in einem regen Austausch, um alles erträglich zu gestalten. Die Arcaden sind jedoch nicht die einzige Baumaßnahme mit einer enormen Bedeutung.

Sie sprechen von der Umgestaltung der Rheydter Innenstadt?

Achten Richtig, die nachhaltige Festigung der Aufenthaltsqualität in Rheydt ist ebenfalls sehr wichtig. Dabei spielt natürlich die Umgestaltung des Marktplatzes eine große Rolle.

. . . die zunächst ins Stocken geriet.

Achten Ja, aber nachdem der Bau der Arcaden in trockenen Tüchern war, wurden die Überlegungen intensiviert, auch etwas für die Rheydter Innenstadt zu tun, was nun glücklicherweise passiert.

Welche Auswirkungen werden diese beiden Baumaßnahmen haben?

Achten Ich denke, es wird beiden Zentren besser gehen als vorher. Vor den Arcaden haben wir das Thema Einkaufszentrum sehr kritisch begleitet. Der ganze Handel hat das getan. Doch diese Maßnahme wird weitere Angebotsformen nach Gladbach bringen und die Stadt als Einkaufsziel interessanter gestalten.

Wie sieht es denn mit den Geschäften rund um die Arcaden aus?

Achten Auch dort wird die Besucherzahl unmittelbar zunehmen. Nicht jeder wird davon profitieren, Verschiebungen wird es mit Sicherheit geben, aber in der Gesamtbetrachtung wird es der City gut tun.

Welche kritischen Bereiche wird es denn geben?

Achten Im oberen Bereich um den Alten Markt wird es darauf ankommen, wie sich die Magnetbetriebe entsprechend verhalten. Dort haben wir eine sehr hohe Textilkompetenz, das wird, denke ich, auch so bleiben. Es wird jedoch ein paar Risiken geben.

Welche meinen Sie?

Achten Viele Fragen müssen geklärt werden: Was passiert mit dem Weihnachtsmarkt? Wie soll der Platz vor dem Sonnenhaus heißen, und wie wird er gestaltet? Auch die Frage, wie die Arcaden gesamtheitlich beworben werden sollen, muss noch geklärt werden.

Wie sollen diesbezüglich Lösungen gefunden werden?

Achten Es ist wichtig, dass man sich aktiv beim City-Management einbringt und Werbemaßnahmen auswählt, von denen alle letztendlich etwas haben. Wenn das gelingt, dann profitiert auch der obere Teil der City davon.

Angenommen, Saturn und P&C wechselten in die Arcaden. Was halten Sie von diesem Szenario?

Achten Wenn alle großen Magnetbetriebe, die wir oben haben, in die Arcaden gingen, hätten wir ein großes Problem. Wir müssten über ganz andere funktionale Konzepte nachdenken. Ich gehe nicht davon aus, dass das passiert.

Sind Sie mit dem Branchenmix an der Hindenburgstraße zufrieden?

Achten Die großen Anbieter sind alle da. Das ist auch nicht das Thema. Ich würde mir aber zum Beispiel im Bereich Herrenausstattung mehr Kompetenz wünschen. Auch ein zusätzliches gastronomisches Angebot ist ein Wunsch.

Wie muss eine Stadt begriffen werden?

Achten Als ein urbanes Gebilde, in dem man lebt, arbeitet und Freizeit verbringt. Darauf kommt es an und daran gilt es sich zu orientieren.

Gibt es neue demografische Trends?

Achten Ja, es ist ein zunehmender Trend, wieder zurück in Städte zu ziehen - ob im Alter oder auch schon früher. Ich erwarte in den nächsten Jahren, dass in die leerstehenden oberen Etagen der teuren Einkaufshäuser mehr Leben einziehen wird.

Wie sehen Sie denn den Handel in den Außenbezirken wie Rheindahlen oder Giesenkirchen?

Achten Die Stadtteile haben eine wichtige Aufgabe, und wir müssen schauen, dass sie ihre Versorgungsfunktion behalten. Das muss zumindest für den kurzfristigen Bedarf wie Lebensmittel gelten. Es gibt Stadtteile, die darüber hinaus ein attraktives Angebot auch in anderen Bedarfsstufen haben. Dort ist man auch sehr bemüht, die Bürger an den eigenen Wohnort zu binden.

Mit welchen Methoden?

Achten Individueller Service und Kundenbindung spielen dabei eine große Rolle. Den Fokus auf den eigenen Standort zu richten ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Von städtischer Seite geht es um die Infrastruktur, und es können Optionen wie Neugestaltungen von Plätzen in Betracht gezogen werden. Es wird immer mehr im Internet gekauft.

Was muss der Einzelhandel tun, um sich gegen den digitalen Handel zu behaupten?

Achten In Deutschland haben wir knapp 30 Milliarden Euro an E-Commerce-Umsätzen. Das sind in Marktanteilen rund acht Prozent. Es gibt jedoch bestimmte Produkte, die im Internet emotional nicht verkauft werden können. Die Bedürfnisweckung bleibt weiterhin Aufgabe des stationären Einzelhandels.

Welche Produkte meinen Sie?

Achten Kleidung zum Beispiel. Um einen Überblick zu bekommen, was es denn für neue Mode gibt, ist der Kauf beim Einzelhändler immer noch die beste Option. Zumal Produkte auf dem digitalen Markt oft nicht preisgünstiger sind.

Welche Rolle spielt Beratung?

Achten Beratung ist eine Hauptaufgabe des Handels. Wichtig ist aber, dass die Kunden, die bereits im Laden sind, zu Käufern werden. Dafür muss viel in Personalarbeit investiert werden, was die meisten tun. Die Verkaufsschulung ist dabei ein wichtiger Aspekt, um auf den Kunden genau eingehen zu können.

Können sich Einzelhändler die neuen Medien zu Nutze machen?

Achten Viele machen dies bereits durchaus erfolgreich, weisen zum Beispiel via Social Media auf besondere Aktionen hin. Kunden über die mobilen Kanäle ins stationäre Geschäft zu locken, ist sicherlich ein Thema, mit dem sich jeder Einzelhändler auseinandersetzen sollte. Denn meistens macht es durchaus Sinn, sich attraktiv im Netz zu präsentieren. Mittlerweile ist auch bereits jeder dritte Einzelhändler mehr oder weniger stark mit eigenen Angeboten im Netz unterwegs.

MIT DR. PETER ACHTEN SPRACHEN GABI PETERS, DIETER WEBER UND SIMON JANSSEN.

(jasi)
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