Mönchengladbach Arcaden: Noch 1,7 Kilo Papier

Mönchengladbach · Knapp 700 Seiten müssen die Politiker bis zur Ratssitzung am Mittwoch noch wälzen: So dick ist der Bebauungsplan für das geplante Einkaufszentrum. Ist er beschlossen, können nach Jahren der Planung die Bagger anrücken.

 Nicht von Pappe: Beim Wiegen in der RP-Redaktion brachten die Unterlagen des Bebauungsplans gestern stolze 1,7 Kilogramm auf die Waage. Das sind noch einmal 600 Gramm mehr als der Flächennutzungsplan.

Nicht von Pappe: Beim Wiegen in der RP-Redaktion brachten die Unterlagen des Bebauungsplans gestern stolze 1,7 Kilogramm auf die Waage. Das sind noch einmal 600 Gramm mehr als der Flächennutzungsplan.

Foto: Hans-Peter Reichartz

1,1 Kilogramm? Läppisch. So viel wogen die (bereits extrem umfangreichen) Unterlagen zur "200. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Mönchengladbach", für das Gebiet um das Alte Stadttheater also, in dem demnächst die Arcaden gebaut werden sollen. Mitte Februar haben die Politiker der Änderung zugestimmt und räumten damit eine erste planungsrechtliche Hürde aus dem Weg. Seit dieser Woche dürfen sie sich nun durch ein Werk wälzen, das noch 600 Gramm mehr auf die Waage bringt: 1,7 Kilogramm schwer ist die schriftliche Ausarbeitung des "Bebauungsplans Nr. 720/N". Wird der B-Plan nach Beratung in Hauptausschuss, Bezirksvertretung Nord und Planungs- und Bauausschuss am kommenden Mittwoch ab 14 Uhr vom Stadtrat beschlossen, ist sie da, die vielbeschworene Rechtssicherheit. Nach Jahren der Planung können dann tatsächlich die Bagger anrücken, um das neue Handels- und Dienstleistungszentrum in der City zu errichten.

Im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit, die im Sommer 2011 erfolgte, wurden insgesamt 86 Anregungen gegeben. Zudem gingen bei der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs 18 Stellungnahmen ein, von denen sechs Gegenstand eines Anhörungstermins der Kommission des Planungs- und Bauausschusses waren. Neben der knapp 60-seitigen Begründung zum B-Plan (inklusive Umweltbericht und Ausführungen zum Verkehrskonzept) machen die Kommentare und Abwägungsvorschläge zu den Stellungnahmen den Löwenanteil der Beratungsvorlage aus. Insgesamt summiert sich das Werk auf fast 700 Seiten — und gleicht in der Dicke dem Telefonbuch für Mönchengladbach, Krefeld und Viersen.

Und inhaltlich? Bieten die Unterlagen zunächst wenig an neuen Erkenntnissen. Die 86 Anregungen, die im Juli 2011 eingingen, sind den Politikern bereits hinlänglich bekannt; sie drehen sich zu einem beträchtlichen Teil um die verkehrlichen Aspekte. Interessanter sind die 18 abwägungsrelevanten Stellungnahmen, die im Januar im Rahmen der Beteiligung der Öffentlichkeit eingingen. Diese reichen von kurzen handschriftlichen Notizen von Privatpersonen ("Wir Gladbacher sollten das völlig überflüssige Einkaufszentrum schnellstens noch mal überdenken. Fahren Sie mal nach Leipzig und Sie sehen, es geht auch anders. Lieber den Lichthof veredeln, die ganze Friedrichstraße und die Bürgersteige der Hindenburgstraße überdachen") bis hin zu gegengutachterlicher Kritik am für die Arcaden erstellten Verkehrsgutachten.

Zentrale Bestandteile der Einwendungen sind erneut die Kritik an der geplanten Schließung der Stepgesstraße und befürchtete, gravierende Auswirkungen auf den Einzelhandel — in Rheydt, aber selbstverständlich auch in Viersen. In dem lange schwelenden Streit mit der Nachbarstadt hatte sich schließlich erst am vergangenen Wochenende ein Kompromiss abgezeichnet, der die Möglichkeit einer Klage Viersens so gut wie beendet haben dürfte.

Ferner meldet der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes (BLB) in den Einwendungen Bedenken an, weil er durch Infrastruktur- und Lärmschutzmaßnahmen im Zuge des Arcaden-Baus Nachteile und Folgekosten für das Finanzamt befürchtet. Eine Mieterin des Iduna-Hochhauses mit einer Vertragslaufzeit bis 2027 meldet sich zu Wort, ebenso ein Bürger, der dem Schauspielhaus einen Denkmalwert zuschreibt.

Der Fachbereich Stadtentwicklung und Planung, der sich nach eigenem Bekunden zu jedem Zeitpunkt des Planverfahrens gutachterlich absicherte und stets in alle Richtungen rückversicherte ("Noch nie habe ich etwas in so einer Qualität erstellen müssen", sagte der Leiter der Stadtplanung, Jürgen Beckmann, jüngst) hat in keiner der Einwendungen eine "Smoking Gun" ausfindig machen können. Folglich wurden auch keine markanten Planänderungen für nötig erachtet. Nun ist es an der Politik, in den 700 Seiten noch Unstimmigkeiten zu finden — oder aber grünes Licht für den Bau der Arcaden zu geben.

(RP/jco/ila)
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