Heinz Frohn AOK schließt die Rheydter Geschäftsstelle

Mönchengladbach · Der AOK-Regionaldirektor erläutert im Redaktionsgespräch, warum die Krankenkasse ihre Geschäftsstelle in Rheydt schließt, wie die AOK Außenstände verkraftet und warum die Stadt gut beraten ist, ihre städtischen Kliniken in eigener Regie zu halten.

 AOL-Regionaldirektor Heinz Frohn äußerte sich auch zur Krankenhauslandschaft: "Ich weiß naturgemäß nicht, ob es in Mönchengladbach auf Dauer weiterhin vier Krankenhäuser geben muss."

AOL-Regionaldirektor Heinz Frohn äußerte sich auch zur Krankenhauslandschaft: "Ich weiß naturgemäß nicht, ob es in Mönchengladbach auf Dauer weiterhin vier Krankenhäuser geben muss."

Foto: Andreas Baum

Wie steht die AOK Rheinland/Hamburg wirtschaftlich da? Wie sieht das Ergebnis des Vorjahres aus?

Heinz Frohn Die AOK Rheinland/Hamburg hat 2012 einen Überschuss von 62 Millionen Euro erwirtschaftet. Damit können wir die Aussage verbindlich treffen, dass wir auch im Jahr 2014 keinen Zusatzbeitrag erheben werden.

Die gesetzlichen Krankenkassen haben zunehmend mit Versicherten zu tun, die nicht mehr in der Lage sind, ihre Beiträge zu zahlen. Ist das ein Problem für die AOK Rheinland/Hamburg?

frohn Es war vor der Einführung des Gesundheitsfonds ein spürbares Problem. Wenn jemand seine Beiträge nicht mehr zahlte, hatten wir sofort Verluste. Unsere Außenstände haben sich in den vergangenen Jahren verdoppelt. Allerdings fließen die gezahlten Beiträge jetzt nicht mehr direkt auf unsere Konten, sondern gelangen in den Gesundheitsfonds. Bei Insolvenz von Firmen und Privatleuten fließt so in den Fonds weniger Geld. Dann kann auch weniger Geld an die Krankenkassen verteilt werden.

Der Gesetzgeber will Beitragsschuldner vor der Aussteuerung bewahren. In bestimmten Fällen kann sogar eine Entschuldung vorgenommen werden. Früher war das anders, da wurden säumige Zahler nach zwei, drei Monaten aus der Kasse ausgegliedert.

Frohn Das dürfen wir nicht mehr, es war auch eine allzu harte Regelung der Gesetzeslage. Auch die überhöhten Säumniszuschläge — fünf Prozent für jeden Monat — sind deutlich verringert worden. Dennoch stellt sich bei diesem Thema auch die Frage nach der Zahlungsmoral. Es kann ja nicht in Ordnung sein, dass die Versichertengemeinschaft die Verluste von Nichtzahlern ausgleicht, ohne dass dies für diese Konsequenzen hat. Aber es gibt sicherlich auch Menschen, von denen wir wissen, dass sie finanziell nicht wieder allein auf die Füße kommen, und da müssen wir flexibel reagieren.

Haben Sie einen Wunsch an die Politik?

Frohn Ich mache mir Sorgen um den Gesundheitsfonds, dem droht nämlich eine Unterdeckung. Hält diese an, müssen die Versicherten das Minus durch Zusatzbeiträge aufstocken. Das ist mittelfristig gedacht — bis 2014 sind wir mit unserem Betriebsvermögen durchaus im Plan. Aber wie die Ausstattung 2015 und 2016 aussieht, ist noch völlig ungewiss. Wir würden gern, so unser Wunsch, die Höhe der Zusatzbeiträge nach der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Mitglieder berechnen. Dafür braucht es eine Gesetzesänderung.

Etliche Mitglieder der privaten Krankenversicherung (PKV), die mit Eintritt in den Ruhestand weit höhere Beitragsbelastungen zu schultern haben als die gesetzlich Versicherten, würden gern in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln. Geht das?

Frohn Da hat der Gesetzgeber zu Recht hohe Hürden errichtet. Wir dürfen solche Anträge nicht einfach annehmen. Nur bei Personen, die arbeitslos geworden sind, erfolgt der Wechsel in die GKV — das regelt das Arbeitsamt. Ansonsten hafte ich als Regionaldirektor persönlich für jeden Fall, bei dem ein PKV-Mitglied unberechtigterweise in die AOK aufgenommen wurde.

Sie haben Ihre Geschäftsstelle in Rheydt geschlossen. Warum beenden Sie Ihre Präsenz im Süden der Stadt?

Frohn Unser Mietvertrag im Medicentrum Rheydt lief aus, da haben wir intensiv erörtert, ob wir einen längerfristigen Mietvertrag anschließen wollen. Wir konnten bereits in der Vergangenheit feststellen, dass 40 Prozent der Rheydter Versicherten eh zu unserer Hauptgeschäftsstelle an der Rathenaustraße kamen, wenn es etwas zu regeln gab. Wir haben nun eine aus stadtgeschichtlicher Tradition rührende Doppelpräsenz zurückgeführt. Auch in vergleichbar großen Städten wie Krefeld und Aachen gibt es je nur eine Geschäftsstelle. Vergessen Sie auch nicht, dass wir aus dem Gesundheitsfonds pro Versicherten monatlich eine fixe Verwaltungskostenpauschale erhalten, die liegt bei rund 5,45 Euro im Monat je Versicherten. Diese Summe erhalten auch Versicherer, die zum Beispiel gar kein Büro unterhalten, sondern nur online erreichbar sind. Da mussten wir einfach die wirtschaftlichen Weichen neu stellen.

Ist damit auch der Pflegestützpunkt, den Sie im Medicentrum unterhalten, geschlossen?

Frohn Nein, er bleibt dort unangetastet. Der Pflegestützpunkt, den wir gemeinsam mit der Techniker Krankenkasse dort betreiben, leistet eine zunehmend wichtige Beratungsarbeit. Die wird nicht angetastet.

Was geschieht mit dem Personal, das bisher in Rheydt für die AOK-Versicherten mit Rat und Hilfe tätig war?

Frohn Alle acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nach Mönchengladbach umgesetzt worden. Hier haben wir nun gut 20 Kundenberaterplätze. Gleichzeitig haben wir unsere Service-Zeiten ausgeweitet: Kunden erreichen uns nun an jedem Werktag von 8 bis 18 Uhr und samstags von 9 bis 12 Uhr.

Anderes Thema: Wir haben in Mönchengladbach vier Krankenhäuser. Die Stadt selbst unterhält in Rheydt den zweitgrößten Krankenhausbetrieb Mönchengladbachs. Vor einigen Jahren gab es Denkanstöße aus der Politik, das Elisabeth-Krankenhaus aus der städtischen Obhut auszugliedern. Wie denken Sie darüber?

Frohn Ich würde der Stadt empfehlen, auf jeden Fall das Eli in Rheydt zu behalten. Das Haus ist mehr wert, als jemals durch eine Veräußerung zu erzielen wäre. Seit einigen Jahren schreiben die Städtischen Kliniken schwarze Zahlen, insofern gibt es keinen zwingenden Grund, über eine Trennung nachzudenken. Das Eli mit dem vorbildlichen Perinatalzentrum, der Mutter-Kind-Klinik und der Geriatrie ist für die Zukunft optimal aufgestellt. Das Eli macht Gewinne, die im Krankenhaus und damit in Mönchengladbach bleiben — und das ist gut so.

Aber dennoch sagen Fachleute, dass die Krankenhauslandschaft ein Überangebot hat.

Frohn Das ist richtig. Ich weiß naturgemäß nicht, ob es in Mönchengladbach auf Dauer weiterhin vier Krankenhäuser geben muss. Mittelfristig sehe ich dahingehende Veränderungen aber eher an der Peripherie, besonders im Kreis Viersen. Dort wollen fast alle Häuser Hüft-Operationen machen, drei wollen geriatrisch arbeiten. Weil jedes Haus einen anderen Träger hat, schaffen sie es nicht, sich auf eine sinnvolle Aufgabenverteilung zu verständigen. Da sind wir in Mönchengladbach viel weiter.

Hat der Kreis Viersen, den Sie in der Regionaldirektion mit abdecken, das Nachsehen?

Frohn In der Tat gibt es dort auch Versorgungsdefizite. Während zwei Drittel der Schlaganfälle in Mönchengladbach in der Stroke Unit des Maria-Hilf versorgt werden, bekommt nur ein Drittel der Patienten aus dem Kreis Viersen diese notwendige Spezialbehandlung. Das darf auf Dauer nicht so bleiben!

DAS INTERVIEW FÜHRTEN RALF JÜNGERMANN, DIETER WEBER UND DIRK RICHERDT

(RP)
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