Mönchengladbach Altstadt: Der Morgen nach der Party

Mönchengladbach · Die Waldhausener Straße nach einer durchzechten Nacht: Selbst nachdem die Kehrmaschinen wieder abgefahren sind, sieht man der von Essensresten und Unappetitlicherem schwer gezeichneten Partymeile die Spuren der vergangenen Stunden noch an. So sieht ein Sonntagmorgen-Spaziergang durch die Gladbacher Altstadt aus.

Die fette Taube landet genau zwischen Döner und kalten Pommes. Ein Festtagsmenü, bei dem sich der Vogel auch nicht stören lässt von dem Mitvierziger mit leicht windschiefem Gang, der den Boden zwischen den Glasscherben absucht. "Wo ist mein Geld?", murmelt er. Möglich, dass seine Scheine und Münzen in einem der Clubs, Bars, Kneipen und Discos geblieben ist, die sich rund um die Altstadt etabliert haben. Vielleicht hat es aber auch die Kehrmaschine verschluckt, oder die Frau gefunden, die den Boden vor ihrem Hauseingang wischt. "Muss jeden Sonntag sein", sagt sie und verschwindet im Haus.

Es ist ein ganz gewöhnlicher Sonntagmorgen in der Altstadt, das Kneipenviertel Mönchengladbachs erwacht und kommt zugleich zur Ruhe nach einer durchzechten Nacht. Am Alten Markt läuten die Glocken in den Kirchtürmen. Und irgendwie haben alle Menschen, die jetzt schon oder noch unterwegs sind, etwas am Boden zu tun. Es ist ein Boden, dessen Spuren die Geschichten der vergangenen Nacht erzählen. Einer, der am Morgen nach der Sperrstunde um fünf Uhr vermutlich genau so aussieht wie jene Menschen, die die Nacht hindurch gefeiert haben: ungeschminkt und abgenutzt.

Es müssen Menschen da gewesen sein, die partiell zumindest einen akuten Kontrollverlust erlitten haben. Denen die Fleischtasche vom Dönergrill um die Ecke aus den Händen glitt, denen die Pizza vielleicht nicht so mundete, die es einfach bis zur nächsten Toilette nicht mehr aushalten konnten und sich spontan für die versiffte Ecke in der unteren Waldhausener Straße entschieden haben; Menschen, die vor Entsetzen über diese jähe Ordnungswidrigkeit ihre Bierflaschen haben fallen lassen und das ganze mit der einen oder anderen Zigaretten-Kippe garnierten. Die das abgerissene Wahlplakat der Grünen, das an einer Mauer am Dicken Turm lehnt, ernst genommen haben: "Lass die Sau raus!" Menschen, die sich in Beziehungsfragen vielleicht nicht einig waren: Die zerfledderte Rose war jedenfalls nicht dafür gedacht, als Restmüll zu enden.

Selbst die Kehrmaschine und die Einzelläufer von der GEM können aus der Waldhausener Straße keine strahlend-reine Prachtmeile mehr machen. Sie fangen schon vor 6 Uhr mit dem Reinemachen an, gute drei Stunden später packen sie Besen, Handkarren und die vielen prall gefüllten Müllsäcke ein. "Heute Nacht war gar nicht so viel los", sagt Taxifahrer Bernd Goslowski, der gerade seine Schicht beendet. "Freitags oder mittwochs, ja, da ist High Life."

Das ist für manche Partygänger aber noch nicht ganz vorbei. Ein Club an der Aachener Straße schließt zwar um fünf, macht aber gleich nach der Sperrstunde um sechs Uhr wieder auf. Doch jetzt, gegen zehn Uhr, als die Kirchenglocken am Alten Markt läuten, ist auch da Schicht. Die letzten Partygäste schlendern ins Freie, kneifen die Augen zusammen, ja es ist hell. Sie steigen in eines der bereitstehenden Taxis.

Jetzt ist Feierabend in der Altstadt.

(RP)
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