Mensch Gladbach Akrobatik - mal verbal, mal körperlich

Mönchengladbach · Was richtig ist, hängt nicht unbedingt von Fakten ab, oft zählen die besseren Argumente. Wortakrobatik liegt im Trend. Wenn es um unseren Evergreen Sonntagsöffnung geht, darf es aber gerne auch echte Hochseilartistik sein.

Ne, was war das schön, als Roncalli zu Jahresbeginn am Geroweiher seine Zelte aufschlug und die Zuschauer in Dutzenden Vorstellungen in eine märchenhafte Welt entführte. Im Zirkus wirkt alles leicht, dehnbar, selbst die wildesten Verrenkungen werden noch von einem glücklichen Lächeln begleitet. Und wir Zuschauer? Glauben das gerne. So ist die Welt doch viel schöner, als wenn die harte Arbeit dahinter erkennbar wäre.

Alles nur Schein. Das kann manchmal auch im echten Leben so funktionieren. Denn seien wir ehrlich: Wen interessieren schon Fakten, so lange die Argumente gut sind. Das gelingt mal besser, mal weniger gut. Manchmal geht es auch gründlich daneben. Dann kann der Wortakrobat nur hoffen, dass irgendwo doch ein Sicherheitsnetz aufgespannt ist.

In der vergangenen Woche gab es gleich mehrere Beispiele für verbale Artistik. Etwa die Sache mit der wunderschönen Jugendstilbrücke im Volksgarten. Die führt zu einer Insel in einem Weiher. Generationen von Mönchengladbachern sind darüber gelaufen, ein beliebtes Ausflugsziel. Doch die Brücke kam in die Jahre. Weil die Sicherheit für die Fußgänger nicht mehr gewährleistet werden konnte, wurde sie gesperrt. Das blieb ein paar Jahre so, bis endlich Geld da war, um sie zu sanieren. Das ist auch geschehen. Die Brücke bleibt dennoch zu. Sie wundern sich? Das Argument: In den menschenfreien Jahren der Schließung hat sich auf der Insel ein Biotop entwickelt, dass man unbedingt erhalten will. Deshalb müssen Menschen weiter draußen bleiben. Na, wirkt es schon? Dann merken Sie auch nicht mehr, dass es eigentlich die hohen Kosten für die Wiedererschließung der Insel sind, die Verantwortliche scheuen. Faszinierende Wirkung.

Oder die Sache mit dem Busverkehr auf der Hindenburgstraße. Die Busse fuhren dort jahrelang bergauf und bergab, seit Juli 2016 aber nur noch bergauf. Das stieß bei Bürgern, Händlern und anderen Anliegern auf Protest. Auch deshalb, weil die Hindenburgstraße nun weder Fußgängerzone noch Straße ist. Damit der Protest nicht so groß ausfiel, nannte man das Ganze einfach Pilotprojekt und begrenzte es auf ein Jahr. Sie haben das geglaubt? Willkommen in der Manege der Wortakrobaten! Selbstverständlich kommt nun raus, dass das Pilotprojekt erfolgreich war und der getrennte Busverkehr so bleibt.

Oder das mit der Gaycom, auch schwul-lesbischer Städtetag genannt. Der wollte dieses Jahr in Mönchengladbach tagen. Was einige Verantwortliche im Rathaus, auch der OB, nun ja, nicht aus vollstem Herzen wollten. Da sie aber auch nicht als intolerant gelten wollten, gab's ein akrobatisches Jein vom Rathaus-Chef. Die Gaycom darf in die Stadt kommen, aber bitte nicht ins Rathaus. Doch, ja, man spreche natürlich gerne ein Grußwort. Diese dehnbare Willkommenskultur begeisterte die Organisatoren so sehr, dass sie nun lieber in Düsseldorf tagen. Nicht ausgeschlossen, dass der Akrobat sein eigentliches Ziel damit erreicht hat.

Sie haben jetzt Lust auf richtige Show? Dann zum Schluss unser Evergreen: Es soll einen verkaufsoffenen Sonntag in der Gladbacher City geben. Glauben Sie nicht? Doch tatsächlich, am 18. Oktober. Dafür trifft sich der Stadtrat sogar zu einer Sondersitzung. Und damit es diesmal auch wirklich klappt mit der gesetzlich geforderten Besucherzahl, spannt das Citymanagement Hochseilartistik über die Shopping-Meile. Wenn das mal keine gute Nachricht ist ... Schönes Wochenende!

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