Mönchengladbach Ärger wegen frühen Karnevals

Mönchengladbach · Die Karnevalisten legen einen Frühstart in die kurze Session hin: Am 10. November ist Proklamation des Prinzenpaars. Kurz darauf sind die ersten Kostümsitzungen. Viele Pfarrer finden das im stillen November unpassend.

Manch einer, der bald die Einladung zur Proklamation des neuen Prinzenpaars in Händen hält, wird zweimal hinschauen: Der Auftakt in die Karnevalssession ist am 10. November, also noch vor dem 11.11., und nicht wie sonst in der ersten Januarwoche. Ein paar Tage feiert dann schon die KG Immer lustig ihre Eröffnungssitzung, traditionell einer der großen Sitzungen der Stadt — am Abend vorm Volkstrauertag. Die kleine Gesellschaft der Leckeren Jecken wird ihre ebenfalls gut besuchte Sitzung einen Tag vor dem ersten Advent abhalten. In einer Zeit, die sonst den Martinszügen, dem stillen Gedenken an die Toten und dem Advent vorbehalten ist, wird also diesmal in Mönchengladbach schon kräftig Karneval gefeiert: mit Prinzenpaar im Ornat und verkleideten Jecken.

Kurze Session

Dieter Beines, der Präsident der Großen Rheydter Prinzengarde, begründet diesen Schritt mit terminlichen Kollisionen. "Die kommende Session ist sehr kurz, am 12. Februar ist schon Veilchendienstag. Würden wir die Proklamation wie sonst auch erst im Januar machen, würden wir den Gesellschaften ein Wochenende nehmen, das sie für ihre Veranstaltungen nutzen können", erklärt Beines.

Was für Karnevalisten nachvollziehbar ist, trifft bei Kirchenvertretern auf Unverständnis. Sie sehen die Ruhe der kirchlichen Feiertage in Gefahr. Regionaldekan Ulrich Clancett sagte gestern der RP dazu: "Man sollte sich fragen, ob weniger nicht manchmal mehr ist." Er sieht den ruhigen Charakter der vorweihnachtlichen Zeit durch das Karnevalstreiben unterbrochen. "Eine Session, in der die Proklamation so extrem früh stattfindet, ist konträr zur Ruhe, die eigentlich im November herrschen soll", sagt der katholische Pfarrer Jan Nienkerke. Auch sein evangelischer Kollege Dietrich Denker sieht die Ruhe gestört. "Der Karneval passt grundsätzlich nicht in diese Zeit", sagt er. Besonders die Zeit vom Volkstrauertag bis zum Totensonntag werde gestört. In dieser Zeit solle die Stille im Mittelpunkt stehen, findet er. "Dass dort nun Karneval gefeiert wird, trifft mich", sagt Denker.

Die Sprecherin des evangelischen Kirchenkreises Gladbach-Neuss, Martina Wasserlos-Strunk, fühlt sich durch den frühen Proklamationstermin getroffen. "Damit habe ich wirklich Probleme." Der November und die Adventszeit sollten wichtig sein, um zur Ruhe zu kommen. "Wir brauchen Zeit, um über manche Dinge nachzudenken", sagt sie. Pfarrer Stephan Dedring pflichtet ihr bei: "Ich glaube, unsere Gesellschaft braucht unterschiedlich geprägte Zeiten. Das Thema Tod wird gerne verdrängt. Unsere Gesellschaft droht, das Gefühl dafür zu verlieren, dass unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Stimmungen gebühren."

(cli)
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