Mönchengladbach Älteste Sasseratherin tauft neue Mauer

Mönchengladbach · Maria Kleinert ist 92 Jahre alt und damit die älteste Bürgerin von Sasserath. Nun taufte sie wie bei einem Stapellauf die Backsteinmauer am neu gestalteten Dorfplatz. Zuvor drehte sie in einem Tuk-Tuk eine Runde durch den Stadtteil.

Wladimir Raskin blies gerade einige Töne auf seinem Instrument, da mischte sich der Klang einer Hupe in die Musik des ehemaligen Solotrompeters der Niederrheinischen Sinfoniker. Der bekannte Musiker wurde aber nicht etwa von einem Kulturbanausen jäh unterbrochen. Nein, die Hupe gehörte zu einem Tuk-Tuk, einer thailändischen Autorikscha, und war eingeplant. Das außergewöhnliche Gefährt kündigte Maria Kleinert an, die als Fahrgast auf der Rückbank saß und unterwegs zur Einweihung der Mauer auf dem neuen Sasserather Dorfplatz war. Deshalb hielt das Tuk-Tuk auch mitten auf dem Platz, der eigentlich noch eine große Sandfläche ist. Mit etwas Hilfe stieg die 92-Jährige und damit älteste Sasseratherin aus und schritt zu ihrem großen Auftritt.

"Ich freue mich, dass so viele Menschen gekommen sind, um zu sehen, was fleißige Hände geschaffen haben", sagte Maria Kleinert. "Es ist alles schön geworden. Ich hoffe, dass die Mauer allen Stürmen und Gewalten standhält, damit noch viele Generationen nach mir Freude an diesem schönen Dorfplatz haben", sprach die 92-Jährige und schritt zur Mauer. Die hatte der Verein "Dorfgestaltung Sasserath 11" in monatelanger Eigenleistung errichtet, um den neuen Dorfplatz vom Nachbargrundstück abzugrenzen. Vor der Mauer stand eine Gartendusche, die zu einer Art Galgen umgebaut war. An einem Strick hing eine Sektflasche. "Hoffentlich hält die Mauer ihre Taufe aus", scherzte Maria Kleinert. Und das Bauwerk hielt stand. Wie bei einer Schiffstaufe schleuderte Maria Kleinert die Flasche der frei erfundenen Marke "Sasserather Mauerblümchen" gegen die Backsteinwand und im dritten Versuch zerbrach das Glas dann endlich. Die Mauer war damit eingeweiht.

"Wir haben damals mit elf Leuten angefangen", erinnert sich Dieter Engelhardt, Vorstandsmitglied der "Dorfgestaltung Sasserath 11". Das war vor zwei Jahren. Inzwischen zählt der Verein 60 Mitglieder. Er hat den Dorfmittelpunkt völlig verändert und neu gestaltet. Damals traten einige engagierte Bürger an, um den verkommenen Dorfplatz zu säubern. Daraus wuchs die Idee, den Platz völlig neu zu gestalten. Nach einigen Gesprächen mit Politik und Verwaltung ging es los. Zuerst wurde die alte Turnhalle, das Haus Sasserath 11, abgerissen. Weil der Bau der EWMG gehörte und ohnehin entfernt werden sollte, war der erste Schritt kein Problem. Im Sommer 2013 war das Haus verschwunden und der angefallene Schutt wurde abgetragen. Danach begannen die Sasserather in Eigenleistung damit, den Platz neu zu gestalten. "An 30 Wochenenden haben wir die Mauer gebaut", erzählt Dieter Engelhardt. Finanziert wurden die Arbeiten durch Mitgliedsbeiträge und Spenden.

Um die Mauer zu verschönern, brachten die Sasserather eine alte Metallplatte an, die vor einiger Zeit in einer Scheune gefunden wurde. Woher sie stammt und wie alt sie ist, ist ungeklärt. Als Motiv zeigt sie ein Mädchen vor einem Baum, das einem Mann, einem Jäger oder Soldaten, eine Blume reicht. "Wir konnten nicht klären, ob der Mann Jäger oder Soldat ist, aber das Bild wirkt nicht kriegerisch", sagt Dieter Engelhardt. Das friedliche Motiv passt zum neuen Platz, der bereits jetzt Dank neuer Bänke zum Verweilen einlädt. Fertig ist der Dorfmittelpunkt aber noch nicht. 600 Quadratmeter müssen noch gepflastert werden und die alte Schule soll einen barrierefreien Eingang erhalten. Sie dient nämlich auch als Wahllokal. "Wir hoffen, dass wir Zuschüsse aus dem Förderprogramm zur ,Wohnumfeldverbesserung bei bürgerschaftlichem Engagement´ erhalten", sagt Dieter Engelhardt.

(cli)
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