Mönchengladbach ÄAA: Folterkeller, Aschebilder, Buddha-Kasperl

Mönchengladbach · Die "Änderungen aller Art" sind zu Ende. Nach fünf Wochen kreativer Sperrmüll-Wiederverwertung war jetzt die Finissage.

 Philipp Königs (2.v.l.) am Flipper aus der Kinderbastel-Aktion. Veranstalter und Gäste der Finissage hatten viel Spaße.

Philipp Königs (2.v.l.) am Flipper aus der Kinderbastel-Aktion. Veranstalter und Gäste der Finissage hatten viel Spaße.

Foto: Jörg Knappe

Wer sich in diese muffig-kühlen Keller-Gewölbe hinuntertraut, in denen zwischen bröckelnden Wänden im spärlichen Dämmer Dachrinnenhaken, ein alter Holzstuhl, allerlei rostige Eisenbeschläge zu einer gruseligen Folterkammer arrangiert sind, der ist in der morbiden Welt der Viktoria Schlecker angekommen. Ein Servierwagen, augenscheinlich Vorkriegsware, dient als Seziertisch. Vom Delinquenten allerdings fehlt jede Spur - da steht ja auch der Kanalschacht offen...

Die Studentin der Düsseldorfer Kunstakademie hat sich mit ihren 14 Kollegen von Berlin bis Wien und New York von der Gladbacher Kunst-Aktion "Änderungen aller Art" anstecken lassen. Und hinterlässt, wie die Kollegen, zum Abschluss der fünf kreativen Wochen im leerstehenden Ladenlokal an der Sandradstraße 16 ihre Spuren. Gladbachs Bürger haben mit ihrem Sperrmüll den Rohstoff zur Aktion geliefert. Die junge Künstler-Truppe hat ihn zu "Art" transformiert. Und zur Finissage sind sie wieder da - die Fans, die Szene, etliche Künstler.

Und auch ein paar Kinder. Die haben nämlich donnerstags ihre eigenen von den Großen angeleiteten "Änderungen" vorgenommen: Ein Kinderfahrrad zum Tandem mit Luftblasenspender und Zwille umgebaut; mit Klingeldeckel, Plastik-Sektgläsern und Plastikband einen funktionierenden Flipper zusammengefrickelt, mit ÄAA-Design und Lichterkette.

In der Schlusswoche sind die Initiatoren Philipp Königs, seine Schwester Lisa, der ehemaligen Atelierstipendiat Vesko Gösel und Kunst-Restaurator Florian Szibor federführend. Da gibt es einen Terrakotta-Buddha, der einen Kasperl gebiert, einen ganzen Raum mit merkwürdigen Möbelstücken, bei dem ein Grammophonteller ein Schlagzeug-Becken mit subversiven Geräuschen rotieren lässt. Der Trichter des Grammophons ist anderweitig zum iPhone-Verstärker umfunktioniert - mit dem Blechklang der 20er. Zum Abschlussfest drängelt sich Gladbachs Szene unter anderem an Bildern von Philipp Muras vorbei, der mit der Asche im Keller verbrannter Sperrmüll-Bücher malt. Der Titel eines grauen Papiers hinter Glas: "Grundkurs Kunst".

Hier sind Orgelpfeifen zu Granaten arrangiert; dort eine Posaune zur Stehlampe umgestylt; hinten blühen auf beigen Plastik-Tabletts filigrane Lötkolben-Ornamente; in einem versteckten Kellerraum bringt ein Mini-Ventilator an der Decke ein Lasso zum Kreisen - und im Flackerlicht scheint es magisch eingefroren (Peter Miller). "Hier war fünf Wochen unheimlich viel los. Die Stimmung war noch besser als vor zwei Jahren", sieht Philipp Königs auf die ÄAA-Aktion zurück. Kunst aus dem Müll der Stadt - das soll auch in zwei Jahren wieder die kreative Kraft der lebendigen Kunstszene Mönchengladbachs beweisen.

(ark)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort