Mönchengladbach Adenauerenkel in den Aufsichtsrat?

Mönchengladbach · Rhenus-Lub-Inhaber Dr. Max Reiners will Borussia helfen. Im Gespräch mit der Rheinischen Post sagt er, was aus seiner Sicht beim Verein falsch läuft und wie der Tabellenletzte der Fußball-Bundesliga wieder erfolgreich werden kann.

Welche Bedeutung hat Borussia für Mönchengladbach?

Reiners Wenn ich in Deutschland unterwegs bin und gefragt werde, woher ich komme, dann überlegen die Leute einen Augenblick und sagen: ,Ah, Borussia!'. Das Image der Stadt ist sehr eng mit dem Verein verbunden. Darum unterstütze ich auch das Anliegen der Initiative, weil ich es wichtig finde, dass Borussia ein positives Image hat. Meine Familie ist seit 110 Jahren in Mönchengladbach, also ebenso lange, wie es Borussia gibt. Der Verein liegt mir persönlich am Herzen, aber er ist auch wichtig für die Wirtschaft in der Stadt. Denn wenn eine Stadt ein positives Image hat, und das hat Mönchengladbach nun mal, wenn Borussia gut spielt, dann ist es auch für uns hilfreich, auch wenn es darum geht, Mitarbeiter zu werben.

Sehen Sie das Image der Stadt durch Borussia gefährdet?

Reiners Das Image wird jedenfalls sehr stark beeinflusst, wenn der Verein zwischen Erst- und Zweitklassigkeit hin- und herpendelt. Wenn es in einer Firma so ein Auf und Ab gibt, ist das nicht gut. Ich wundere mich, wie lange die tollen 1970er Jahre nachwirken und Borussias aktuelles Image tragen. Ich erinnere mich noch daran, wie ich früher auf dem Schulweg an der Samenhandlung Trienens vorbei kam und davor der Jaguar von Günter Netzer stand. Das war für uns als Kinder immer ein Ereignis.

Sie sagten, eine Firma kann sich kein Auf und Ab erlauben. Kann man Wirtschaft eins zu eins auf den Fußball übersetzen?

Reiners Borussias Umsatz ist wie der von Rhenus Lub etwas 70 Millionen Euro. Ich glaube, dass man in der Wirtschaft dieselben Charakteristika braucht wie beim Fußball: Respekt und Leistung. Rhenus Lub muss gute Schmierstoffe anbieten, Borussia guten Fußball. Es ist wichtig, die richtigen Mitarbeiter zu haben, die das mitbringen. Im Fußball sind das die Funktionäre und die Spieler. Um gute Leute zu kriegen, muss man als Unternehmen attraktiv sein. Das ist für gute Spieler ein Verein, der oben steht.

Hat Borussia die falschen Mitarbeiter?

Reiners Das weiß ich nicht, dafür bin ich nicht nah genug dran. Aber bei uns im Unternehmen ist es so, dass wichtige Entscheidungen immer in einem Gremium von mehreren Leuten getroffen werden, da entscheide ich als Chef nicht allein. Autokratische Strukturen sind für jedes Unternehmen gefährlich. Beispielsweise, wenn der Autokrat ausfällt — und wenn dieser meint, er habe die Weisheit mit Löffeln gefressen. Man muss sich auch als Chef kritisch hinterfragen.

Ihre Kritik geht in Richtung von Borussias Präsident Rolf Königs?

Reines So sieht es jedenfalls von außen aus. Ich kenne Herrn Königs aus verschiedenen Gremien, ich erlebe ihn seit Jahren. Er ist immer super vorbereitet und bringt seine Sache absolut top rüber. Aber es gibt immer wenig Widerspruch. Das sollte zu denken geben.

Wie ist Ihr persönliches Verhältnis zu Herrn Königs?

Reiners Wir begegnen uns mit Respekt.

Hat Borussia ein Struktur- oder ein Personalproblem?

Reines Ich maße mir nicht an, ein endgültiges Urteil zu fällen. Ich denke aber, beides ist schwer zu trennen. Es sieht so aus, als seien Strukturen geschaffen worden, die wie ein Bollwerk sind. Da ist es schwer, von außen etwas zu gestalten. Es muss immer Diskussionen geben, in die auch Meinungen von außen einfließen können, man sollte sich immer der Kritik stellen. Das gilt im Falle Borussias auch für die Anliegen der Initiative. Ich habe in meinem Unternehmen den Mitarbeitern in einer E-mail mitgeteilt, dass ich die Initiative unterstütze. Es gab viel positives Feedback.

Die Initiative will die Strukturen des Vereins verändern. Wenn es so kommt, würden Sie Präsident werden wollen?

Reines Nein, ganz bestimmt nicht. Das habe ich meiner Frau versprochen, auch, weil ich mir keine sportliche Kompetenz anmaße. Aber ich könnte meine wirtschaftliche Kompetenz in den Aufsichtsrat einbringen, warum nicht? Man müsste, finde ich, aber die Amtszeit der Aufsichtsräte begrenzen. Das sorgt für immer neuen Input.

Sind Sie Mitglied bei Borussia?

Reiners Ja.

Würden Sie Borussia auch in der aktuellen Konstellation unterstützen?

Reiners Es geht mir nicht um die handelnden Personen, es geht um ein positives Image Borussias und somit auch ein positives Image der Stadt. Wenn Herr Königs konstruktiv auf die Vorschläge der Initiative eingeht und sich dann zur Wahl stellt, dann müssen die Mitglieder entscheiden, ob er Präsident bleibt oder nicht. Herr Königs hat im Initiativkreis der Stadt selbst das Motto geprägt: ,Wir tun das.' Das sollte auch für Borussia gelten.

Was muss im Klub konkret verändern werden, damit er erfolgreich ist?

Reines Das ist eine berechtigte Frage, die aber schwer zu beantworten ist. Ich kenne die Details nicht, müsste mich also erst einarbeiten, um ein Urteil abgeben zu können.

Die Initiative kritisiert, dass Borussia ein Hotel baut, statt Spieler zu kaufen. Werden da nicht zwei grundverschiedene Dinge miteinander verquickt?

Reiners Wenn ich in einer Situation bin wie Borussia, dann stecke ich das ganze Geld, das ich habe, in die Mannschaft. Man kann sein Geld nur einmal ausgeben. Mein Unternehmen hat eine klare Ausrichtung. Wir konzentrieren uns auf unsere Kernkompetenz. Wir haben auch mal versucht, Randaktivitäten zu betreiben, haben das aber schnell wieder eingestellt.

Borussia plant den Hotelbau, um alternative Wege zu erschließen, Geld zu generieren. Welche Möglichkeiten gibt es in Ihren Augen?

Reiners Die beste Möglichkeit, Geld zu generieren, ist Erfolg. Darum glaube ich, dass der Geldfluss bei Borussia weniger werden wird, wenn sie weiter nicht gut spielt. Die Sponsoren wollen mit einem Klub arbeiten, der gut da steht, sie wollen etwas von diesem positiven Image abbekommen. Und ich verstehe nicht, warum der Stadionname nicht verkauft wird. Man sieht beim FC Bayern und der Allianz-Arena, wie gut das passt. Apropos passen: (grinst) Rhenus-Stadion klingt nicht schlecht, aber ich habe keine fünf Millionen Euro.

Ist es nicht unfair, Borussia mit dem FC Bayern zu vergleichen?

Reiners Vielleicht. Aber man sollte sich immer am Marktführer orientieren. Der FC Bayern hatte natürlich den Vorteil, dass er 1972 das Olympiastadion bekommen hat. Aber er hat es auch immer geschafft, ein sportliches Gesicht zu haben. Heute ist das Bastian Schweinsteiger. Jede Firma muss ein Gesicht haben, das für sie steht. Früher hatte Borussia viele solcher Gesichter. Die Menschen brauchen Vorbilder.

Welches Gesicht steht für Borussia?

Reiners Rolf Königs.

Wie lange würde es aus Ihrer Sicht dauern, Borussia wieder dahin zu bringen, wo die Initiative sie gerne hin haben will: zur Deutschen Meisterschaft, zu Pokal- und Europapokalsiegen und zu einer der besten Mannschaften Europas?

Reiners Das ist ja so nicht gesagt worden.

Die Initiative spricht aber von einer Erneuerung der Fohlenelf. Und die steht für die oben genannten Erfolge.

Reiners Es geht erstmal darum, Borussia zurück ins Spitzenfeld der Bundesliga zu führen. Bis es so weit ist, muss man Geduld haben. Wir waren mit Rhenus Lub 1989 auch zweitklassig, heute sind wir konstant erstklassig. Um dahin zu kommen, muss man kontinuierlich in eine Richtung arbeiten.

Das will Borussia...

Reiners . . . die sportliche Situation deutet aber darauf hin, dass es nicht klappt.

Ist der Fußball planbar?

Reiners Jedes Unternehmen hat mal bessere und mal schlechtere Zeiten. Vor zwei Jahren hatten wir auch mal zwei Monate Kurzarbeit, haben aber nie Verluste geschrieben. So etwas fällt natürlich leichter, wenn man ein Familienunternehmen ist und kein börsennotiertes unternehmen. Entscheidend ist, dass alle an einem Strang ziehen und positiv motiviert werden.

Das ist bei Borussia nicht so?

Reiners Von außen betrachtet, zweifle ich daran. Es gibt Menschen, die halt sehr dominant sind. Grundsätzlich denke ich, dass die Vorschläge der Initiative Bausteine für die Zukunft des Klubs sein können. Ein breites Spektrum fundierter Meinungen ist immer hilfreich.

(RP)
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