Mönchengladbach Abschiedsmusik in der Fülle des Wohlklangs

Mönchengladbach · Einen Hauch von Wehmut, die ungefragt dem Abschied sich zugesellt, konnte, wer wollte, beim ersten Sinfoniekonzert der neuen Spielzeit erspüren: Mit Richard Strauss' "Eine Alpensinfonie" und den "Vier letzten Liedern" nimmt das letzte Dienstjahr des Generalmusikdirektors Graham Jackson am Niederrhein seinen Anfang. Und Dara Hobbs, diese famose Sopranistin des Musiktheaters, wird nach der phänomenalen Entwicklung ihrer Stimme vielleicht nicht mehr lange hier verweilen.

Doch allem Abschied wohnt ja ein Zauber inne. Womit wir bei Hermann Hesse wären, dessen Lyrik den alten Richard Strauss ein Jahr vor seinem Tod zur Komposition von Orchesterliedern bewog, die als "Vier letzte Lieder" noch einmal den meisterlichen Umgang des ewigen Spätromantikers mit den Farben des Orchesters, vor allem aber der menschlichen Stimme, offenbart. Wer mag, darf die Fülle des Wohlklangs kitschig finden, aber es ist doch wunderschöne Musik, die Strauss zu Hesses "Frühling", "September", "Beim Schlafengehen" und Eichendorffs "Im Abendrot" eingefallen ist.

Dara Hobbs findet zu betörenden, kostbarsten Sopranfarben, faszinierendem Legato und einer Ausgewogenheit der Register, die sie für große Aufgaben prädestiniert. Am Ende, wenn vom Tod die Rede ist, gießt Strauss eine weit gespannte, friedliche Kadenz in den Orchestersatz, aus dem in den Flöten Lerchen sich himmelwärts schwingen. Als Hobbs als Zugabe die berühmte "Zueignung" singt, schlicht und schön und wohlig gülden, ist das Glück vollkommen.

Orchester auf Hochgebirgstour

Auch der zweite Teil des Konzerts, das sich sehr angenehm auf Strauss beschränkt und der Verführung widersteht, die an den üblichen zwei Stunden fehlenden Minuten mit Kontrastprogramm aufzufüllen, bot mit der "Alpensinfonie" große Musik. Und hatte Graham Jackson die Niederrheinischen Sinfoniker bei den Liedern schon zu delikater Begleitarbeit geführt, so trieb er sie bei der programmmusikalischen Hochgebirgstour vom Sonnenaufgang über Gipfel, durch Gewitter und Sturm heim in den Sonnenuntergang zu glühender Farbenpracht. Da bimmeln Kuhglocken, rauscht die Windmaschine, donnern doppelte Pauken, zwei Harfen, zwei Tuben, eine wahre Armee von Blech zum Lobpreis der Naturgewalten. Sogar eine Orgel (notgedrungen aus der Steckdose) ist aufgeboten, den Orchestersatz aufzufüllen. Auch hier, rund 40 Jahre vor den "letzten Liedern", endet die Musik ruhig, spannungsvoll in dunklen Klängen.

Weitere Aufführung: Mittwoch, 15. September, 20 Uhr, Kunstwerk Wickrath

(RP)
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