Theater Mönchengladbach Abfahren auf Rienzis Aufstieg und Fall

Mönchengladbach · Wagners Scharnier-Oper zwischen Jugendwerk und eigenem Stil ist eine Rarität des Spielplans. Am kommenden Sonntagabend ist die Premiere – mit Unterstützung des Gladbacher Autohauses Waldhausen & Bürkel.

 Unzufriedene Anleger, die ihr Geld verloren haben, drangsalieren in dieser Szene der Oper "Rienzi" Irene, die Schwester des Tribunen. Die Sopranistin Anne Preuß vom Theater Altenburg/Gera singt und spielt diese Rolle.

Unzufriedene Anleger, die ihr Geld verloren haben, drangsalieren in dieser Szene der Oper "Rienzi" Irene, die Schwester des Tribunen. Die Sopranistin Anne Preuß vom Theater Altenburg/Gera singt und spielt diese Rolle.

Foto: Matthias Stutte

Wagners Scharnier-Oper zwischen Jugendwerk und eigenem Stil ist eine Rarität des Spielplans. Am kommenden Sonntagabend ist die Premiere — mit Unterstützung des Gladbacher Autohauses Waldhausen & Bürkel.

Das Theater fährt voll ab auf den doppelten 200. Geburtstag der großen Opernkomponisten Verdi und Wagner und setzt mit "Stiffelio" und "Rienzi" zwei ziemlich unbekannte Werke auf den Spielplan. In Mönchengladbach kommen die Opern sogar in dieser Reihenfolge zur Premiere — "Stiffelio" war die Spielzeiteröffnung, am Sonntag folgt Wagners Frühwerk als Übernahme aus Krefeld. Und weil Verdi mit "V" und Wagner mit "W" beginnt, ließ sich das Autohaus Waldhausen & Bürkel zu einer Partnerschaft animieren: Zurzeit fährt ein ziemlich auffällig foliertes Golf-Cabrio Reklame fürs Theater, und über Radio 90,1 werden Eintrittskarten verlost. Und die Geschäftsführer des Autohauses an der Hohenzollernstraße sind nach Besuchen hinter den Kulissen des Theaters schon ziemlich mit dem Theatervirus infiziert.

Nun, der "Rienzi" hat nach der Krefelder Premiere überregional gute Kritiken erhalten und wird wohl auch dem hiesigen Publikum gefallen. Es ist, so Regisseur Matthias Oldag, Wagners einzige politische Oper. Rienzi, eine historische Feldherren-Gestalt des zerfallenen Römischen Reiches, fällt unvermittelt die Macht über die Ewige Stadt zu. Seine Ideale bewegen ihn, nach einem Putschversuch seinen Feinden zu vergeben, die sich zum "Dank" jedoch erneut zusammenrotten und ihn am Ende stürzen. "Rienzi — Aufstieg und Fall" nannte Wagner seine erste wirtschaftlich erfolgreiche Oper zunächst, die im Original sechs Stunden dauerte und an zwei Abenden gegeben wurde.

Musikalisch ist das Opus reichlich bieder, Musikdirektor Mihkel Kütson ist froh, dass die Gladbacher Fassung nur zwei Stunden und 40 Minuten dauert. Ihm gehen Worte auch wie "Wagner-untypisch", "plakativ" und "brutal" über die Lippen, wenn er beschreibt, was Wagner da bei seinen Zeitgenossen (Meyerbeer, Bellini) abgeschaut hat. Gleichwohl gibt es aber auch echte Anklänge an den uns bekannten Wagner, etwa beim Schlussgebet des Rienzi, in dem unvermittelt eine Harfe erklingt.

Matthias Oldag ist die ambivalente Figur des Tribuns "außerordentlich sympathisch". "Er hält seinen Buckel hin für Dinge, die falsch laufen", beschreibt er die Ausgangslage und sieht die Schlüsselsituation da, wo Rienzi seine Feinde begnadigt. "Was er auch tut, es führt in die Katastrophe", fasst Oldag die fast antike Tragik des Stoffes zusammen.

Auf der Bühne geht es aber ganz heutig zu. Das Thema Tyrannei zeigt sich in Börsen-Fieberkurven, die in einen den Bühnenboden durchschneidenden Graben übergehen. Ja, Gewalt und Blut sind gerade im zweiten Teil der Oper wesentlich. Es singt die famose Krefelder Premierenbesetzung mit dem Tenor Carsten Süss in der Titelpartie. Der Opernchor ist mit Extrachor und Profi-Verstärkung auf 70 Sänger aufgestockt. Das Publikum darf sich auf einen fulminanten Abend freuen. Nur Autos müssen draußen bleiben.

(ark)
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