Julian Petrin & Kajetan Lis Ab jetzt können die Gladbacher ihre Innenstadt umgestalten

Seit gestern ist eine Website freigeschaltet, Mitte Februar starten die "Stadt-Checks". Ziel ist eine Städtebauförderung nach Rheydter Vorbild.

 Die Karte zeigt einige der anzupackenden Gebiete und der zwischen ihnen zu schaffenden oder zu verbessernden Verbindungen.

Die Karte zeigt einige der anzupackenden Gebiete und der zwischen ihnen zu schaffenden oder zu verbessernden Verbindungen.

Foto: Stadt

Die Messlatte liegt in Braunschweig. Die Stadt im Südosten Niedersachsens ist aus mindestens zweierlei Gründen mit Gladbach vergleichbar. Einerseits hat sie ähnlich viele Einwohner. Und zum anderen hat das Hamburger Büro Urbanista, das auf Beteiligungsprozesse spezialisiert ist, dort 2015/16 Bürgerdialoge durchgeführt, bei denen 5550 Beiträge und Ideen zur Verbesserung des Stadtbildes zusammenkamen - in zweieinhalb Monaten. Dafür gab es sogar den Politik-Award 2016 im Bereich Partizipation. Kann Gladbach, mit seinen mittlerweile gewachsenen Strukturen intensiver Bürgerbeteiligung, das noch toppen?

Denn das gleiche Verfahren leitet Urbanista jetzt in der Vitusstadt ein - im Rahmen des "Integrierten Handlungskonzepts", dem Stadterneuerungsprozess für Alt-Gladbach. Bei der Startschuss-Veranstaltung in der Aula des Math.-Nat.-Gymnasiums vor rund 130 Besuchern umrissen die Verantwortlichen am Donnerstagabend, welche immensen Chancen in dem Verfahren stecken. Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners erinnerte an den erfolgreichen Prozess der "Sozialen Stadt Rheydt", der nun, ganz anders und doch gar nicht unähnlich, auf Alt-Gladbach übertragen werden soll. Und Bau- und Planungsdezernent Gregor Bonin sprach von einer "glücklichen Fügung, dass wir das Integrierte Handlungskonzept jetzt, in der Phase des allgemeinen Aufbruchs, anpacken können". Es beinhalte "unendlich viele Fragen, aber auch unendlich viele Möglichkeiten und Chancen". Das Integrierte Handlungskonzept ist Voraussetzung für einen Städtebau-Förderantrag nach Rheydter Vorbild. Heißt: Erst wenn das fertige Konzept vom Rat im Herbst beschlossen sein wird, kann man sich für eine Förderung ab 2018 bewerben. "2017 ist das Vorbereitungsjahr", so Bonin. Und eines, in dem die Bürger ganz massiv mit eingebunden werden. Mit der Erstellung des Konzepts beauftragt ist, wie bereits in Rheydt, das Dortmunder Büro Steg NRW (Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft), mit dem Dialogverfahren Urbanista. Und so sieht der zeitliche Ablauf aus:

Seit gestern und bis Ende April ist die Seite www.innenstadt-dialog-mg.de freigeschaltet. Gestern um 18 Uhr lagen bereits die ersten knapp 70 Ideen vor, die dort mit virtuellen Stecknadeln angeheftet und zur Diskussion gestellt werden können. "Häufig sind die Ideen aus der Bürgerschaft diejenigen, die am innovativsten sind", sagt Birte Kepp, Projektleiterin von Urbanista.

Am 16. Februar (Hauptbahnhof), 17. Februar (Minto), 30. März (Aachener Straße), 31. März (Adenauerplatz) und 1. April (Alter Markt) veranstaltet Urbanista fünf "Stadt-Checks". Dabei können Bürger, analog zu der Internetseite, zwei wesentliche Fragen beantworten: Was soll so bleiben, wie es ist - und was sollte sich verändern? Auf diese Weise kamen in Braunschweig besagte 5550 Vorschläge zusammen.

Am 13. Mai folgt eine Dialogwerkstatt, im Oktober in Form einer Projektmesse die öffentliche Abschlussveranstaltung. Anschließend geht das dann ausgearbeitete Konzept in die politische Beratung.

Das 240-Hektar-Areal, das Gegenstand der Diskussionen ist, umfasst die "Wiege der Stadt", den Abteiberg mit dem Geropark, genauso wie die City Ost und das Westend, das im Kontext der "Wachsenden Stadt" bisher eher ein Schattendasein fristet. Die Qualität des Adenauerplatzes oder der Zustand der Bibliothek dürfte genauso in den Fokus rücken wie der Leerstand in der Oberstadt oder die nichtvorhandene "Willkommenskultur" des Europaplatzes. Jens Cüppers, Geschäftsführer von Steg NRW, stellte indes klar, dass die Höhe einer möglichen Förderung stets eine "Überraschungsbox" sei. "Wir wollen nicht nur mit der Bürgerschaft in den konstruktiven Dialog treten, sondern etwas im positiven Sinne bewegen", betonte Kajetan Lis, Projektleiter der Stadt.

(tler)
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