Mönchengladbach 49 Arbeitsjahre bei der Stadtverwaltung

Mönchengladbach · Im Januar wird Ordnungsamtschef Reinhold Gerhards in den Ruhestand gehen. Fast ein halbes Jahrhundert war er bei der Stadtverwaltung. Und es gibt nur eine Sache, die ihn heute noch "wurmt". Zu tun hat sie mit der Frauen-Fußball-WM.

 Gerhards ist für 125 Mitarbeiter verantwortlich, die in den Abteilungen Allgemeine Ordnungsangelegenheiten, Gewerbe, Kommunaler Ordnungsdienst, Verkehrsüberwachung, Kfz-Zulassungs- und Führerscheinstelle beschäftigt sind.

Gerhards ist für 125 Mitarbeiter verantwortlich, die in den Abteilungen Allgemeine Ordnungsangelegenheiten, Gewerbe, Kommunaler Ordnungsdienst, Verkehrsüberwachung, Kfz-Zulassungs- und Führerscheinstelle beschäftigt sind.

Foto: pmg/Ilg

Als Reinhold Gerhards bei der Mönchengladbacher Stadtverwaltung anfing, gab es noch keine Telefone, die in die Hosentasche passten. Briefe wurden noch auf der mechanischen Schreibmaschine geschrieben. Und wenn's mit "Durchschlag" sein sollte, legte man Kopierpapier zwischen die einzelnen Blätter. Das war 1966. Reinhold Gerhards war 16 Jahre alt, kam gerade von der Handelsschule Mülfort und hatte von seinem neuen Job nur eine vage Ahnung. Der Vater hatte einen gewerblichen Beruf, die Mutter war Hausfrau.

In der zweijährigen Vorbereitungszeit auf den Inspektorenlehrgang sollte er erfahren, dass Verwaltungsarbeit mehr ist als "knicken, lochen, abheften". "Ich bekam einen Dezernatsverwaltungsgliederungsplan", erzählt Gerhards und schmunzelt. Einfach ausgedrückt: Der Azubi erhielt eine Liste mit den für ihn vorgesehenen Stationen in verschiedenen Ämtern.

Heute ist Reinhold Gerhards 65 Jahre. Es gibt Smartphones, Internet und E-Mailverkehr. "Es ist alles schneller geworden. Die Schlagzahl hat sich erhöht", sagt er.

Reinhold Gerhards war im Schulamt tätig, kam dann ins Ordnungsamt, später in die Führerscheinstelle, wurde Abteilungsleiter der Bußgeld- und Führerscheinstelle, dann Leiter des Straßenverkehrsamtes, wechselte in den Bereich der Verkehrsregelung und -lenkung, wurde schließlich stellvertretender Leiter des Ordnungs- und Verkehrsamtes und übernahm schließlich dort die Chefposition. In den 49 Jahren bei der Stadtverwaltung hat Reinhold Gerhards viel gelernt und vieles auf den Weg gebracht, zum Beispiel zusammen mit der Polizei die Initiative "Kids in MG", die 2003 den Landespreis für Innere Sicherheit bekam. Reinhold Gerhards kennt in Mönchengladbach jede Straße.

186 Tempo-30-Zonen wurden in seiner Zeit eingerichtet und 130 bauliche Maßnahmen zur Schulwegsicherung umgesetzt. Er hat viele Diskussionen und Gespräche mit Politikern und Bürgern geführt. Nicht alle verliefen ruhig und freundlich. In der Ölkrise 1973, als ein Sonntagsfahrverbot verhängt wurde, wollten viele Menschen nicht auf ihr Auto verzichten und verlangten eine Ausnahmegenehmigung. "Versorgungsfahrten für Krankenhäuser und Altenheime wurden erlaubt, aber manche kamen auch, die sagten: Meine Frau liegt im Krankenhaus", berichtet der Ordnungsamtsleiter.

In der Rückschau ist Reinhold Gerhards aber zufrieden mit sich und seiner Arbeit, nur eines wurmt ihn. "Der 5. Juli 2011 war der Tiefpunkt meiner Laufbahn", sagt Gerhards. An diesem Tag, ein schöner Sommertag, sollte im Borussia-Stadion das Vorrundenspiel der Frauen-Fußball-Weltmeisterschaft Deutschland gegen Frankreich stattfinden. Reinhold Gerhards war in seiner Funktion als Verkehrsbeauftragter wiederholt in Frankfurt gewesen, um mit dem DFB die Verkehrlenkung und Parkplatzsituation zu besprechen. "Wir waren uns ganz sicher, dass alles glatt laufen würde und dass die 10.000 bis 11.000 Parkplätze ausreichen würden", sagt er.

Alles sollte anders kommen. Eine halbe Stunde vor Spielbeginn war kein einziger Parkplatz mehr frei, "und die Polizei meldete: Da kommen noch Autos ohne Ende", sagt Gerhards, der damals völlig verzweifelt war. Als das Spiel begonnen hatte, suchten immer noch hunderte von Autofahrern einen Stellplatz. "Ich kann den Frust der Menschen verstehen. Manche haben 50 Euro Eintritt bezahlt und nur 20 Minuten vom Spiel gesehen", sagt Gerhards. Dieses Ereignis werde er nie vergessen. "Wir waren so sicher, dass die Parkplätze ausreichen würden. Selbst bei Bundesliga-Spielen gegen Bayern gibt es oft noch 600 freie Parkplätze, obwohl da 54.000 Zuschauer sind. Bei der Frauen-WM waren es nur 46.000."

Wenn Reinhold Gerhards am 28. November seinen Schreibtisch räumt (offiziell scheidet er im Januar 2015 aus), wird er ganz sicher nicht untätig bleiben. "Ich habe viel Glück gehabt. Und davon will ich etwas weitergeben", sagt er. Seine Frau sei schon ehrenamtlich tätig, so etwas könne er sich auch für sich vorstellen.

Ginge es nach den Mitarbeitern von Reinhold Gerhards, dürfte ihr Chef gerne noch länger arbeiten. Er gilt als sehr beliebt - weil er Verständnis hat und Spaß versteht. So begleitete er auch einmal eine Gruppe von Kollegen ins Theater zur Rocky-Horror-Show - in passender Verkleidung.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort