Mönchengladbach 40 Jahre Einsatz für Kinder

Mönchengladbach · Sie waren verstümmelt, verbrannt und ohne Familie: Kriegskinder aus Vietnam. Um ihnen zu helfen, gründete sich 1969 der Verein "Aktion Friedensdorf – Kinder in Not". Statt um Waisen kümmern sich 120 Mitglieder heute um Körperbehinderte und Straßenkinder.

Es war ein mörderischer Krieg in Vietnam, und die Weltöffentlichkeit sah jeden Abend im TV zu. Napalmbomben explodierten, Entlaubungsgift wurde im Dschungel versprüht, um den Feind aufspüren zu können. Besonders das Heer geschundener Kriegskinder sorgte Ende der 60er Jahre für eine Hilfsbereitschaft, die sich vielerorts in Deutschland regte: Verstümmelte, verbrannte, entwurzelte Mädchen und Jungen, herausgerissen aus familiären Strukturen, machten betroffen. Können wir ihnen die Familie ersetzen? Diese Frage stellte sich nicht nur der Mönchengladbacher Helmut Göbels (75), als er Juni 1969 die "Aktion Friedensdorf – Kinder in Not" gründete. 40 Jahre später und 34 Jahre nach dem Ende des Vietnam-Kriegs gibt es den Verein immer noch: Er feiert jetzt sein 40-jähriges Bestehen.

Mittlerweile haben sich die Hilfen der rund 120 Mitglieder gewandelt. Es sind keine Kriegskinder mehr wie noch in den Anfangsjahren. Kurz nach Gründung waren es von 1969 bis 1974 mehr als 50 junge Vietnamesen, die nach Mönchengladbach kamen, im Neuwerker Krankenhaus versorgt und anschließend in einem angemieteten ehemaligen Waisenhaus an der Engelblecker Straße betreut wurden.

Der Verein fördert heute weltweit 13 Projekte vornehmlich mit körperbehinderten Kindern und Straßenkindern und unterhält ein Informationszentrum an der Erzberger Straße 84. Weil alle ehrenamtlich arbeiten, ist der Anteil an den Verwaltungskosten minimal. "Wir wollen den Kindern und Jugendlichen die Chance geben, sich zu entwickeln", sagt Helmut Göbels, der auch im Jubiläumsjahr noch die treibende Kraft des Vereins ist.

Aber weiterhin gilt als Leitmotiv: Die Betreuten etwa in Kolumbien, Chile, Guatemala und Ghana bekommen die Hilfe, die für sie nötig ist, um dann anschließend auch möglichst ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Dies strahlt dann auf die jeweilige Region aus, und inzwischen bieten die Mönchengladbacher ein ganzes Bündel von Maßnahmen an. Sie helfen mit, Brunnen für die Trinkwasserversorgung zu bohren, Toiletten und medizinische Stationen aufzubauen, Kinder in Schulen zu unterrichten und drogenabhängige junge Menschen zu stabilisieren. Und immer wenn irgendwo auf der Welt eine große Krise ausbricht, sind die Mönchengladbacher mit dabei, wenn es um Hilfe geht. So etwa Anfang der 80er Jahre in Polen, als 200 geistig behinderte Kinder aktuelle Not litten. Die "Aktion Friedensdorf – Kinder in Not" sorgte damals sogar für die Operation eines Mädchens, das bei der Geburt keine Speiseröhre hatte.

Was bleibt nach 40 Jahren Einsatz für Kinder und Jugendliche? Zum Beispiel die Erkenntnis, vielen in einer schwierigen Situationen den familiären Halt gegeben zu haben, der mitunter nicht mehr vorhanden war. Aber auch der Kontakt zu Menschen in Südamerika und Afrika, die trotz der extrem armen Lebensumstände große Lebensfreude zeigen und Partner sind. Dafür müssen die Vereinsmitglieder beim Sammeln von Spenden Klinken putzen – ein mühsames Geschäft. "Wenn wir dann erfahren", sagt Helmut Göbels, "dass die Hilfe wirkt, sind alle Mühen vergessen."

(RP)
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