Die Kanzlerin in Mönchengladbach 2000 hören Merkel-Rede in Rheydt

Mönchengladbach · Es war die mit Abstand größte Wahlkampfveranstaltung in der Stadt: Bundeskanzlerin Angela Merkel und CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen sorgten für einen vollen Marktplatz, auf dem echte Wahlkampfstimmung herrschte.

Angela Merkel in Mönchengladbach
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Als die Kanzlerin in Mönchengladbach ankommt, wirbelt sie erst mal mächtig Staub auf. Genauer gesagt der Puma-Hubschrauber, mit dem sie um 18.48 Uhr auf dem Gelände des Polizeipräsidiums landet. 22 Jahre hat kein deutscher Regierungschef mehr Wahlkampf in Mönchengladbach gemacht — doch auch Angela Merkel muss vor roten Ampeln halten. Ihr Konvoi mit gepanzerten Fahrzeugen reiht sich ganz normal in den frühabendlichen Verkehr ein. Um 18.58 Uhr covert die Gladbacher Band "Just is" auf der Bühne Tina Turners Hit "Simply the best" und legt damit den Klangteppich unter Merkels Einmarsch. Die Kanzlerin bahnt sich, von einem guten Dutzend Personenschützern umringt, ihren Weg durch die Masse. Ein Händedruck hier, ein freundliches Wort da, ein Autogramm für den Kalender von Helmut Wallbaum — und dann steht sie auf der Bühne. Winkt, legt die Hände zum Dreieck zusammen und blickt freundlich und interessiert nach unten.

Tröten, Trillerpfeifen, Sprechchöre

Über 2000 sind gekommen — mehr, als die Organisatoren angesichts der Schauer gedacht hatten. Viele sind als CDU-Anhänger erkennbar, manche schlicht neugierig auf eine Prominente — und ein paar wollen stören. Mit Trillerpfeifen, Tröten, Sprechchören. Einige von ihnen wirken aggressiv, bepöbeln nicht nur die auf der Bühne, sondern auch Polizisten. Andere sind eher launig-subversiv, rufen "Wir wollen die Mutti sehen" oder schwenken Fahnen der Juxgruppierung "Die Partei". Dank der lautstarken Protestler wird aus dem Abend erst so richtig Wahlkampf. Fast alle Redner sind am stärksten, wenn sie sich auf die beziehen, die nicht da sind, um Argumente zu hören. Röttgen amüsiert sich über einen, der eine Anti-Atomkraft-Fahne schwenkt, als Zuspätgekommenen. "Fähnchen schwingen, Tröten blasen, Currywurst — das ist das geistige Niveau der Störer", sagt er. Die CDU stehe für Politik mit dem Kopf und nicht mit dem Kehlkopf, sagt der Gladbacher Bundestagsabgeordnete Günter Krings, der stark einführt und ausleitet. Und Merkel spottet: "Sie sind ja nur hier, weil Sie keine Gruppe haben, zu der so viele Leute zusammenkommen."

"NRW kann mehr"

Röttgen spart sich den europäischen Bogen, attackiert die rot-grüne Regierung. Die Argumentationslinie ist klar: Schulden sind unsozial, weil sie den Nachfolgenden große Lasten aufbürden. Die Finanzen, das Kraftwerk Datteln — "die haben bewiesen, dass sie es nicht können". Röttgen kämpft, spricht von dem Drittel noch Unentschlossener, ruft: "Gemeinsam schaffen wir das." Merkel, die nach ihm spricht, ist staatstragender, erklärender. Auch ihr Leitthema ist die Wirtschaft. Und auch sie attackiert Hannelore Krafts Minderheitsregierung. Die Kanzlerin erinnert an das Urteil des Landesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt, sagt: "Das ist eine Regierung, die sich nicht an Recht und Gesetz gehalten hat." Ihre Analyse mündet in dem Kernsatz: "Nordrhein-Westfalen liegt in Deutschland hinten. Nordrhein-Westfalen kann mehr."
25 Minuten dauert ihre Rede. Die Landtagsabgeordneten Michael Schroeren und Norbert Post schenken ihr Feines von Heinemann und ein Buch des Ehrenbürgers Hans Jonas. Merkel winkt ein letztes Mal. Ruft Röttgen im Abgang zu: "Tschüss, bis morgen." Und steigt um 20.05 Uhr in die Limousine. Die fährt zum Düsseldorfer Flughafen. Der Staub hat sich gelegt.

(ape/top/jco)
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