Mönchengladbach 100 Jahre Seepeschnäuz

Mönchengladbach · Morgen ehren die Karnevalisten Peter Ullrich im Zeughaus. Das karnevalistische Urgestein starb vor drei Jahren.

 Die Gründer des Alten Zeughauses: Heinz Mathar, Toni Brune, Peter Ullrich, Helmut Degen, Rolf Terhaag, Heinz Rippen und Wolfgang Eßer.

Die Gründer des Alten Zeughauses: Heinz Mathar, Toni Brune, Peter Ullrich, Helmut Degen, Rolf Terhaag, Heinz Rippen und Wolfgang Eßer.

Foto: Zeughaus

Was Helmut Schmidt für die deutsche Politik war, das war Peter Ullrich für den Mönchengladbacher Karneval. Er war eine moralische Instanz, ein Original, ein Gentleman und die gute Seele des gesamtstädtischen Karnevals. Betrat man das Alte Zeughaus, war Peter Ullrich der erste, der einen begrüßte. Hinter dem Tresen sitzend, eine Ernte-Zigarette in der Hand, reichte er seinen Freunden den kleinen Finger. Das war eines seiner vielen Markenzeichen, das er irgendwann entwickelte. Zwei andere waren der braune Biedermeier-Anzug mit der grauen Hose und dem braunen Zylinder und natürlich sein Schnurrbart, der ihm einst seinen Spitznamen gab. Morgen vor einhundert Jahren wurde Peter Ullrich geboren. Die Karnevalisten feiern ihn morgen Früh im Alten Zeughaus mit einer Geburtstagsfeier, zu der alle kommen, die der Seepeschnäuz eingeladen hätte.

Am 18. Dezember 1916 wurde Peter Ullrich in Düsseldorf geboren. 1927 zog er mit seinen Eltern in die Gladbacher Altstadt und erlebte dort 1936 seine erste Karnevalssitzung bei der KG Stadtmitte. Eigentlich war Peter Ullrich gelernter Elektriker. 1948 gründete er zusammen mit seiner Ehefrau an der Waldhausener Straße 44 das Geschäft "Seifen Ullrich". "Mit Seifen und Bürsten konnte man damals ein großes Geschäft machen", erzählt seine Tochter Helga Brose-Ullrich. Schnell wurde der geschäftstüchtige Unternehmer Vorsitzender der Interessengemeinschaft der Geschäftsleute Waldhausener Straße. Damals hatte Peter Ullrich mit dem Vereinskarneval noch nichts zu tun. Als Privatmann initiierte er 1948 an Altweiber auf der Waldhausener Straße ein Möhnentreiben. "Die Straße war schwarz von Menschen. Fast 20.000 Menschen feierten in der heutigen Altstadt Karneval", erzählt seine Tochter.

Den Ruf als Möhnenvater hatte Peter Ullrich ab diesem Zeitpunkt weg. 1954 gründete er schließlich den Verein "KG zur Pflege des Brauchtums Altweiberkarneval". Ein Jahr später kamen 11.000 jecke Weiber zur Möhnen-Sitzung am Grünewald. Durch sein Engagement wurden schnell die Vereinskarnevalisten auf den umtriebigen Herrn aufmerksam. Zu dieser Zeit gab es in Gladbach die Große Gladbacher Karnevalsgesellschaft, die aus der gleichnamigen Gesellschaft, der Gladbacher Prinzengarde und den Gelb-Blauen Funken bestand. Peter Ullrich wurde der Präsident. Er erfand Auszeichnungen wie den Consul carnevalis und den Orden Pro meritis in carnevalis diebus, der heute als höchste Auszeichnung im Gladbacher Karneval gilt.

Den für die Stadtgeschichte bedeutenden Schritt ging Peter Ullrich 1974. Zusammen mit Freunden wurde er auf eine Ruine an der Weiherstraße 2 aufmerksam. Auf Ullrichs Bestreben hin gründeten 1977 sieben Gladbacher den Verein "Kleiner Rat - Altes Zeughaus" und kauften die Ruine, die an einer der ältesten Straßen liegt und zur ältesten innerstädtischen Bebauung gehört. Der Verein baute die Ruine wieder auf, ließ das Haus unter Denkmalschutz stellen und eröffnete am 1. Juli 1978 das Alte Zeughaus mit einem großen Fest. "Mein Vater war stark darin, Menschen zu begeistern. Er organisierte einen Gründungströdelmarkt, aus dem später das Pumpenfest entstand. So konnte Geld für den Bau gesammelt werden", erzählt Helga Brose-Ullrich. Heute beherbergt das Alte Zeughaus das Karnevalsmuseum und eine Ausstellung über die Stadtgeschichte. Es gilt als Heimstätte aller Karnevalisten. Peter Ullrich war bis zu seinem Tod vor drei Jahren das lebende Wahrzeichen. Besonders stolz war er, als sein Schwiegersohn Klaus Brose und seine Tochter Helga Brose-Ullrich in der Session 1994/95 Prinzenpaar wurden. "Was viele gar nicht wissen, ist, dass er selber auch einmal Prinz werden sollte. Weil es aber vorher bekanntwurde, verzichtete er darauf", verrät Ullrichs Tochter.

Die Prinzenpaarsäule am Fuße des Abteiberges war seine Idee. Die kleine Bank daneben ließ man extra für ihn aufstellen. Im Karneval erhielt er so gut wie alle Auszeichnungen, die es gibt - und das nicht nur in Mönchengladbach. Außerdem wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt. Seinen letzten großen Auftritt in einem Veilchendienstagszug hatte der Seepeschnäuz 2011. Damals fuhr er in einer Admiralsuniform mit einem Sektglas in der Hand in der Kutsche des Mönchengladbacher Karnevalsverbands mit. Und das nicht ohne Grund: 1936 ging er im ersten Veilchendienstagszug ebenfalls in einer See-Uniform mit.

Die Erfüllung seines größten Wunsches, nämlich einhundert Jahre alt zu werden, bleib ihm verwehrt. Vor drei Jahren starb Peter Ullrich im Alter von 96 Jahren. Morgen feiern die Karnevalisten im Alten Zeughaus seinen Geburtstag so, wie Peter Ullrich es sich gewünscht hätte. Mit dabei ist auch sein fünfjähriger Urenkel Karl, der kleine Kommandant der Juniorengarde der Prinzengrade der Stadt Mönchengladbach.

(cli)
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