Mettmann Wo stand der Schütze?

Mettmann · Im Prozess gegen Raimund Günter S., der in Mettmann seiner Frau in den Kopf schoss, legte die Uni-Klinik am Freitag überraschend neue Unterlagen vor. Der Richter kritisiert das Krankenhaus und die Ermittler der Polizei.

Nicht nur die Polizei hat in dem Prozess gegen Raimund Günter S., der in Mettmann auf seine Frau geschossen hat, unvollständige oder fehlerhafte Unterlagen geliefert. Die Düsseldorfer Uni-Klinik hat dem Gericht einen OP-Bericht vorenthalten, der Hinweise auf den Standort des Schützen in der Nacht des 27./28. Februar 2009 geben kann — eine von vielen Pannen, die deutlich wurden.

Der Neurochirurg, der Eva S. in der Nacht operiert hatte, legte den Bericht gestern bei seiner Aussage als Zeuge und Sachverständiger vor. Vorsitzender Richter Ralph van Bargen machte seinem Unmut überrascht Luft und wies darauf hin, dass es immerhin um versuchte Tötung gehe. Er erwarte, so van Bargen, dass das Gericht vollständige Unterlagen bekomme.

Die Klinik hatte bis dahin nur die Krankenakte vorgelegt. Aus dem Bericht und der Aussage des Operateurs geht nun hervor, dass die Haut von Eva S. an den Rändern der Eintrittswunde Verbrennungen aufwies. Folglich musste der Schuss aus nächster Nähe abgegeben worden sein, was der Angeklagte anders dargestellt hat.

Der Standort dürfte Einfluss haben auf die Einschätzung des Gerichtes, ob Raimund Günter S. tatsächlich nur einen Warnschuss abgeben wollte, weil er sich von seiner Frau mit Messern bedroht fühlte, oder ob dies nur eine Schutzbehauptung ist und er seine Frau doch erschießen wollte.

Van Bargen drohte angesichts der Zurückhaltung des Krankenhauses bei der Herausgabe der Dokumente: "Wenn das so ist, muss ich künftig immer gleich Beschlagnahme anordnen. Dann haben sie Uniformierte im Haus. Das ist für Sie sicher auch nicht schön."

Wenig hilfreich war am Freitag der diensthabende Arzt der Unfallchurgie, der Eva S. damals als erster untersucht hatte. Er konnte sich an den Fall überhaupt nicht mehr erinnern. Fragen warf die Aussage eines Gutachters des Landeskriminalamtes auf. Der hatte Schmauchspuren an der Hand des Opfers festgestellt, nicht aber an der Hand des Schützen. Eine Erklärung dafür hatte er nicht.

Deutlich wurde: Es grenzt an ein Wunder, dass Eva S. überlebte. Der Neurochirurg: "Das war Zufall." Es habe die Gefahr von Infektionen des Gehrins und anderer Folgeschäden gegeben. Ein anderer Arzt sagte, Eva S. war nach der Reha noch ein halbes Jahr lang voll pflegebedürftig und musste künstlich ernährt werden. Die Genesung sei dann "unerwartet schnell" vorangeschritten. Sie werde aber lebenslang unter den Folgen des Schusses leiden.

Der Prozess wird am Montag fortgesetzt.

(RP)
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