Mettmann Wehmütiges Finale der Blueswoche

Mettmann · Die Mettmanner Kultveranstaltung wird es in dieser Form nicht mehr geben. Konzert in der Neandertalhalle

 Beim Abschluss der Mettmanner Blueswoche war Spencer Bohren in Bestform. Auch er bedauert das Ende der Blueswoche.

Beim Abschluss der Mettmanner Blueswoche war Spencer Bohren in Bestform. Auch er bedauert das Ende der Blueswoche.

Foto: Dietrich Janicki

Mr. Blues Wolfgang Pieker hatte für das große Finale der 25. und gleichzeitig letzten Mettmanner Blueswoche zum Königstreffen 'Top of the Crop' in die Neandertalhalle geladen. Mitgeschleppte Melancholie jedoch mussten die Besucher spätestens an der Garderobe abgeben. Nur nicht aus Liebe weinen, schien als Parole des Abends ausgegeben worden zu sein.

Von Mitorganisator Jens-Christian Holtgreve bekam Pieker für seine erinnerungserschaffende Arbeit eine Fotocollage überreicht, auf der alle je auf der Blueswoche aufgetreten Musiker abgebildet sein sollen. Wie ein altes Plattencover musterte der Szenekenner die Portraits und gab unumwunden zu, dass er viele der Köpfe gar nicht mehr kennen würde.

Die Mettmanner Bluesgemeinde trägt eigentlich Trauer um ihre fünfte Jahreszeit, doch als Rhythmusnicker wussten sie diese hinter kühler Fassade auch zur Schau zu tragen. Am meisten schien der Abschied vom Festivalformat den Südstaaten-Barden Spencer Bohren anzurühren, der schon vor Wochenbeginn in der Jubiläumsschrift bekannte: "Das macht mich traurig" und in seinen Vortrag gleiches Pathos zu legen vermochte. Freunde wie ihn von nah und fern zu vereinen, wurde über die Jahre zum eigentlichen Zweck der Blueswoche. Aus Katzensprung-Entfernung der Himmelsrichtung Remscheid, also echte Kreiskumpane, war das doppelte Gitarrenlottchen Dr. Mojo angereist. Selbstredend spielten sie "I got my mojo working", diesmal im Bluegrass-Gewand, mit dem sie wohl auf sich selbst anspielten. Ganz bezugsfrei allerdings präsentierten sie, einfach weil es so schön ist, das Lied "The Thrill is Gone" des Giganten Blues Boy 'B.B.' King. Ulrich Spormann bedankte sich für die hohe Anerkennung beim vielköpfigen Publikum: "Seien Sie gewiss: Die wichtigsten Sponsoren sind Sie!" und widmete den Zuhörern das aus dem Jahr 1923 stammende das Lied "Nobody knows You when You're down and out." Klaus Stachuletz erinnerte daran, dass sein Duo Dr. Mojo vor acht Jahren an gleicher Stelle mit Pieker als Paten aus der Taufe gehoben wurde. Auf den letzten Festivaldrücker hatte der bekannte Dave Peabody nun erstmals in Mettmann den in Wuppertal geborenen Harmonika-Virtuosen Alan Glen an seiner Seite.

Ganz solo, und nicht minder eindrücklich, fuhr Gitarrist Dave Kelly über sein Griffbrett. Doch das Rätsel um die angekündigten Special Guests wurde erst zum Auftritt des tiefenentspannten Pianisten Ben Waters gelöst, der als Überraschung ein Stückchen Hausmusik auf die Bühne brachte: Waters' dreizehnjähriger Sohn und dessen Saxophon, dass ihm wirklich und tatsächlich die Rolling Stones im Hyde Park geschenkt haben, überraschten mit routinierter Improvisationskunst.

Vater Waters spielte den gesamten Abend hindurch das Enfant terrible und hefte jedem, der sich von der Musik zu sehr bannen ließ, heimlich Wäscheklammern an die Kleidung. Konzertmusik ist besser als Konserve, bleibt Piekers Grundüberzeugung, die er wieder überzeugend belegen konnte.

Dieser Abend, der zwangsläufig auf das glücktriefende Ende einer von Moderatorin Marion Buschmann eingeleiteten nächtlichen Jamsession hinauslaufen musste, lehrte die Bluesfreunde noch etwas Tröstliches: Musikmomente kommen und gehen, aber der Weltschmerz, dem sie huldigen — der bleibt.

(lard)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort